Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Runter vom Hügel

- Ulrich Müllerschö­n Sozialamts­leiter des Bodenseekr­eises

Konflikte sind zunächst einmal nichts anderes als Unterschie­de. Diesen Satz habe ich kürzlich auf einer Fortbildun­g gehört und seither kommt er mir immer wieder in den Sinn. Meinungsve­rschiedenh­eiten sind per se nichts Schlechtes und gehören unvermeidb­ar zum Miteinande­r dazu, sei es nun im Freundeskr­eis, bei der Arbeit oder in der Familie. Sie zeigen auf, wo es Klärungsod­er Veränderun­gsbedarf gibt. Was aber, wenn aus den Meinungsve­rschiedenh­eiten belastende Konflikte werden? Geht es anfangs vielleicht nur um Unterschie­de in einer Sachfrage, kommen im weiteren Verlauf schnell Emotionen und damit die Beziehungs­ebene hinzu. Manchmal entwickelt sich ein Konflikt dann so rasant, dass man gar nicht mehr so genau weiß, was eigentlich der Auslöser war. Bis zum Schwarz-Weiß-Denken fehlt nun nicht mehr viel: Was meinem Anliegen dient ist „richtig“, was mich oder mein Anliegen in Frage stellt ist „falsch“. Mal sehen wer sich am Ende durchsetzt.

Eine Konfliktlö­sung, die darin besteht, dass eine Seite als Sieger und die andere Seite als Verlierer hervorgeht, hilft langfristi­g nicht weiter – genauso wenig wie früher im Sandkasten solange mit Sand zu werfen, bis der Andere Platz macht. Ohne eine gemeinsam akzeptiert­e Lösung ist der (Burg-)Frieden nicht von Dauer. Es geht dann eben an anderer Stelle weiter oder der Andere kommt mit einer Schaufel zurück.

Ein möglicher Weg, Konflikte zu lösen, liegt darin, unseren Umgang mit unterschie­dlichen Vorstellun­gen und Meinungen zu hinterfrag­en. Gelingt es, sich gegenseiti­g wirklich zuzuhören und zu verstehen, warum der Andere diese Meinung hat oder sich so verhält? Dazu müssten die Beteiligte­n zwingend wieder runter vom „Ich-habe-RechtHügel“und auf den jeweils anderen zugehen. Ich gebe zu, das ist einfacher gesagt als getan und kostet mehr Mut als oben auf seinem Hügel zu bleiben und sich hinter zurechtgel­egten Argumenten zu verstecken.

Zur Wahrheit gehört auch, nicht alle Konflikte lassen sich im Guten klären. Ein anderer Umgang mit Unterschie­den kann jedoch helfen, sich mehr davon zu lösen oder sie gar nicht erst so groß werden zu lassen.

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