Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Auch Selbstständige haben Anspruch auf Elterngeld
Die staatliche Unterstützung ist allerdings nicht immer attraktiv – Manchmal drohen sogar Rückzahlungen
Wer selbstständig arbeitet und schwanger wird, muss schon vor der Geburt mit viel organisatorischem Aufwand rechnen. Zwar haben auch Selbstständige Anspruch auf Elterngeld. Was auf den ersten Blick positiv wirkt, kann in der Praxis aber mit Hürden verbunden sein.
Selbstständige Frauen beginnen am besten, sich nach einer Vertretung umzusehen, sobald sie wissen, dass sie ein Kind bekommen. Ebenfalls wichtig: „Auftraggeber, Kunden beziehungsweise Mandaten rechtzeitig über die Schwangerschaft informieren und sie darauf hinweisen, dass man selbst eine Zeit lang nicht den Betrieb leitet, es aber einen Ersatz gibt“, sagt Evelyne de Gruyter vom Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU). „Elternzeit muss eine selbstständige Frau nicht beantragen, schließlich ist sie ihre eigene Chefin“, sagt de Gruyter. Sie allein entscheidet, ob und wie lange sie in Elternzeit geht.
Auch Selbstständige können Elterngeld als staatliche Leistung beantragen. Das ist nach Angaben des Bundesfamilienministeriums erst mit dem Tag der Geburt des Kindes möglich. Anspruch auf Elterngeld haben Selbstständige, die ihre Kinder nach der Geburt selbst betreuen und erziehen. Um Elterngeld zu bekommen, müssen Selbstständige ihre Erwerbstätigkeit nicht zwingend komplett ruhen lassen. „Allerdings dürfen Sie nicht mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten, solange Sie Elterngeld bekommen“, heißt es vom Bundesfamilienministerium.
Das Elterngeld gibt es in drei Varianten: Basiselterngeld, ElterngeldPlus und Partnerschaftsbonus. Basiselterngeld gibt es für bis zu zwölf Lebensmonate des Kindes. Will auch der Partner eine Auszeit für die Betreuung des Kindes nehmen, haben die Mutter und ihr Partner Anspruch auf insgesamt 14 Monate.
Beim ElterngeldPlus dürfen Selbstständige maximal 30 Stunden in der Woche beruflich tätig sein. Sie erhalten dann Elterngeld abhängig von der Höhe des Einkommens. Das ElterngeldPlus wird für den doppelten Zeitraum gewährt. Das bedeutet, Selbstständige können einen Monat Basiselterngeld in zwei ElterngeldPlus-Monate umwandeln.
Das ElterngeldPlus gibt es vier Monate länger, wenn sich die Selbstständige die Betreuung des Kindes mit ihrem Partner teilt und dafür beide gleichzeitig vier Monate lang parallel maximal 30 Stunden die Woche Teilzeit arbeiten – das ist das Modell Partnerschaftsbonus.
Das Elterngeld beträgt laut Ministerium höchstens 1800 Euro im Monat. Bemessungsgrundlage für das Elterngeld ist das Nettoeinkommen. Bei Selbstständigen ist dies der erzielte Gewinn aus dem letzten steuerlichen Veranlagungsjahr, also in der Regel dem letzten Kalenderjahr.
Diese Regelung sieht Evelyne de Gruyter kritisch. Gerade bei Konjunkturschwankungen könne es zu Auftragseinbrüchen und damit zu negativen Einkommensentwicklungen kommen. Weitere Schattenseiten: Wer während der Elternzeit maximal 30 Stunden pro Woche arbeitet, muss den Gewinn mit dem Elterngeld verrechnen. Auch Einkünfte, die vor dem Elterngeldbezug erwirtschaftet wurden und erst nach der Geburt als Zahlung eingehen, werden als Zuverdienst auf das Elterngeld angerechnet. Nicht zu vergessen: Selbstständige haben während des Elterngeldbezugs weiterhin hohe Fixkosten. Ob das Elterngeld-Modell für Selbstständige also tatsächlich attraktiv ist, hängt stark vom Einzelfall ab. (dpa)