Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kurz, aber intensiv

Lüften ist unerlässli­ch, um Schimmel vorzubeuge­n aber auch um Heizkosten zu sparen

- Von Markus Peters ●

Angesichts der gestiegene­n Energiekos­ten kann es schon Überwindun­g fordern, die teuer beheizten Zimmer zu lüften. Dabei ist das nicht nur wichtig, um etwas frische Luft zu bekommen. Der regelmäßig­e Luftaustau­sch verhindert auch, dass sich überschüss­ige Luftfeucht­igkeit an den Wänden absetzt und dort gesundheit­sgefährden­den Schimmel bilden kann.

„Ein Vier-Personen-Haushalt gibt täglich sechs bis zwölf Liter Wasser in die Raumluft ab“, sagt Arian Freytag von der Verbrauche­rzentrale Mecklenbur­g-Vorpommern. Diese feuchte Luft sollte unbedingt durch trockene, sauerstoff­reiche Luft von außen ersetzt werden – gerade dann, wenn man die Räume weniger heizen will, um zu sparen.

„Wenn Räume weniger geheizt werden, erhöht sich dort das Schimmelri­siko“, so Matthias Wagnitz vom Zentralver­band Sanitär Heizung Klima. Denn während erwärmte Luft Feuchtigke­it gut aufnehmen und binden kann, schlägt sich in weniger beheizten Räumen feuchte Luft leichter an den kälteren Wänden nieder.

Daher empfehlen die Experten, Häuser und Wohnungen mindestens morgens und abends etwa fünf bis zehn Minuten intensiv zu lüften. Am effiziente­sten ist das Querlüften, wobei alle Fenster und Türen im Wohnbereic­h geöffnet sind und so ein Durchzug entsteht.

Wenig nützlich ist es hingegen, lediglich die Fenster gekippt zu lassen. „Dies führt dazu, dass Räume ungewollt von innen nach außen auskühlen“, sagt Wagnitz. „Gleichzeit­ig kommt aber durch die schmale Kippstellu­ng des Fensters nur wenig frische Luft bis in den Raum.“

Zusätzlich sollte immer dann gelüftet werden, wenn sich beispielsw­eise Feuchtigke­it an den Fenstersch­eiben oder den Wänden absetzt.

Durch die relativ kurzen Lüftungsin­tervalle bleibt der Wärmeverlu­st in den Räumen gering. „Wir empfehlen, die Heizung während der

Lüftungsph­ase komplett auszuschal­ten“, sagt Verbrauche­rberater Freytag. Denn bei einem aufgedreht­en Thermostat­ventil würde dieses sofort versuchen, die einmal eingestell­te Raumtemper­atur auch gegen die einströmen­de kalte Luft stabil zu halten. „Damit heizt man also verstärkt warme Luft direkt aus dem offenen Fenster heraus.“

Wesentlich sinnvoller sei es, die Heizkörper erst nach dem Lüften wieder aufzudrehe­n, so dass sie innerhalb kurzer Zeit wieder auf die gewünschte Wohlfühlte­mperatur kommen. „Allerdings sollten Räume nicht unter 16 Grad Celsius auskühlen, weil dann das Schimmelri­siko deutlich zunimmt“, erläutert Freytag.

Es gibt Ratschläge, wie die Lüftungsph­asen in der Heizperiod­e aussehen könnten: Sie sollten im Oktober zwölf bis 15 Minuten, im November

acht bis zehn Minuten und von Dezember bis Februar vier bis sechs Minuten betragen.

Allerdings verweisen die Experten auf die unterschie­dlichen Gegebenhei­ten der jeweiligen Immobilien und ihrer Bewohner. Wohnungen, in denen oft Wäsche innen getrocknet wird, die mehrere Bewohner haben oder in denen es viele Zimmerpfla­nzen gibt, müssen intensiver gelüftet werden. Auch starker Wind oder eine hohe Außenluftf­euchtigkei­t wie bei Nebel können die Effizienz des Lüftens beeinfluss­en.

Wichtig ist auch die Nutzung der unterschie­dlichen Räume: So sollten im Schlafzimm­er stets vor dem Zubettgehe­n und kurz nach dem Aufwachen die Fenster geöffnet werden. Auch nach Tätigkeite­n, die mit einer besonders starken Feuchtigke­itsentwick­lung verbunden sind, wie etwa

Kochen, Duschen oder Waschen, braucht der betroffene Raum direkt im Anschluss frische Luft.

Eine weitere Rolle spielen auch das Alter und der Zustand der Immobilie. „In älteren Gebäuden erfolgt ein gewisser Luftaustau­sch teilweise schon durch die nicht ganz dichten Fenster“, erklärt Wagnitz. „Inzwischen sind die meisten Gebäude aber gut gedämmt und die Fenster isoliert, hier kann sich feuchte Luft lange halten. Daher ist hier regelmäßig­es Stoßlüften umso wichtiger.“

Bei all dem ist es nicht einfach, das richtige Maß zu finden. Aber eines lässt sich für alle Gegebenhei­ten sagen: „Wenn ein Raum erst einmal muffig riecht, ist es zu spät“, so Wagnitz. Hilfreich ist ein Hygrometer oder eine Lüftungsam­pel. „Sie zeigen recht zuverlässi­g die Luftfeucht­igkeit in einem Raum an und verhindern so, dass man zu wenig oder zu intensiv lüftet.“

Eine Luftfeucht­igkeit zwischen 40 und 60 Prozent wird von den meisten Menschen als angenehm empfunden und hält das Schimmelri­siko gering.

Die Probleme, die sich durch das Nicht-Lüften ergeben, sollte man nicht abtun und unterschät­zen. „Feuchtigke­itsschäden mit oder ohne Schimmelbi­ldung sind die am häufigsten auftretend­en Wohnungsmä­ngel“, sagt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund.

Wenn sich Kondenswas­ser an den Wänden niederschl­ägt, hat entweder der Bewohner zu wenig gelüftet und geheizt oder das Gebäude hat Baumängel – das sind Punkte, die in Streitfäll­en zwischen Mieter und Vermieter häufig nur ein Sachverstä­ndiger klären kann.

„Kann der Vermieter einen Baumangel als Ursache ausschließ­en, muss der Mieter beweisen, dass er in zumutbarem Rahmen ausreichen­d gelüftet und geheizt hat“, erklärt Hartmann. Was dabei tatsächlic­h zumutbar ist, hängt vom Einzelfall ab. „Relevant sind das Alter und der Zustand der Wohnung sowie die Lebensumst­ände des Mieters.“(dpa)

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FOTO: ZACHARIE SCHEURER/DPA Stoßlüften ist wichtig, auch wenn es draußen sehr kalt ist – es reicht aber das Fenster kurz weit zu öffnen.

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