Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eine Fanaktion und ihre Wirkung
Der Anhang des VfB Friedrichshafen hat beim Team positive Emotionen erzeugt
- Kleine Gesten oder kleine Aufmerksamkeiten können manchmal Wunder bewirken und jemanden aus seinem Tal holen. Das hat sich nun auch bei den Volleyballern des VfB Friedrichshafen gezeigt. Nach ihrem Champions-League-Viertelfinalaus bei Jastrzebski Wegiel – insgesamt war es die fünfte Pflichtspielniederlage in Folge – ist die Mannschaft bei ihrer Ankunft am Bodensee-Airport Friedrichshafen von Anhängern abgeholt worden. „Wir sind von unseren Fans mit Fahne empfangen worden. Das war ein großes Ding“, zeigte sich VfB-Trainer Mark Lebedew davon berührt und schrieb dieser Aktion auch einen großen Anteil am 3:1 (25:21, 34:36, 25:20, 25:22)-Heimsieg gegen die Berlin Recycling Volleys am Sonntagabend zu.
„Wenn man verliert, gibt es viel Negativität. Die Mannschaft fühlt sich schlecht, alle im Umfeld fühlen sich schlecht, die Fans sind unglücklich. Und das hat Positivität reingebracht“, meinte Lebedew. „Es war ein Zeichen: Wir stehen hinter euch. Das könnte geholfen haben“, empfand auch VfB-Geschäftsführer Thilo SpäthWesterholt den Flughafenbesuch als gelungene Aktion. Das Heimpublikum stand bedingungslos an der Seite der Mannschaft und zusammen wollten sie sich noch auf den dritten Platz in der Bundesliga-Zwischenrunde retten, um einem möglichen Play-offHalbfinale gegen die BR Volleys aus dem Weg zu gehen und sich leichter wieder für die VolleyballChampions-League qualifizieren zu können. „Es war ein spezielles, ein sehr wichtiges Spiel. Alle waren angespannt“, meinte SpäthWesterholt, der sich über die Energie in der mit rund 1000 Zuschauern ausverkauften Bodensee-Airport-Arena begeistert zeigte. „Der Funke ist übergesprungen, es herrschte eine atemberaubende Atmosphäre“, sagte Friedrichshafens Geschäftsführer. Er selbst war noch lange nach dem Gigantenduell so „aufgewühlt“,
dass er erst spät einschlafen konnte, ist dann aber „glücklicher“als zuletzt aufgewacht.
Sicherlich: Alles funktionierte noch nicht, nicht umsonst lag Friedrichshafen in diesem Spiel mehrfach hinten. Diesmal zeigten die VfBler aber anders als zuletzt Nehmerqualitäten. „Wir sind eindrucksvoll zurückgekommen“, betonte Späth-Westerholt und erinnerte an die Rückstände in Satz drei (3:8) und Satz vier (7:13). Kapitän Dejan Vincic führte sein Team beeindruckend, immer wieder ermunterte er seine Mannschaft weiterzumachen, auch wenn es mal in die Richtung der Berliner lief. Zudem zeichnete den zweifachen Vize-Europameister eine hohe Flexibilität in seinen Zuspielen aus. Hochgezogen wurde das Häf ler Team auch durch Außenangreifer Vojin Cacic. „Er hat seine Stärke wiedergefunden
und heute, ein Jahr nach seinem Achillessehnenriss gegen Berlin, seine beste Leistung der Saison abgeliefert“, lobte Lebedew den 32-jährigen Montenegriner nach der Partie. Seine Emotionalität hat der Mannschaft einen weiteren Push verliehen, jeden Punkt feierte der Außenangreifer ausgiebig. Cacic hielt zudem auch einige schwierige Bälle – teilweise sogar einhändig – im Häf ler Feld. Viel stärker und effektiver als zuletzt trat auch Diagonalspieler Michal Superlak auf.
Die Hauptstädter haben es dem VfB dabei durchaus schwer gemacht. „Berlin hat extrem gut dagegengehalten, sehr gut aufgeschlagen und eine unfassbar gute Annahme gespielt“, sagte SpäthWesterholt. Aber Friedrichshafen hat am Sonntag endlich die von ihm geforderte Leistungssteigerung gezeigt, nachdem seit dem 1:3 gegen die SWD Powervolleys Düren Anfang Februar „irgendwie der Wurm drin war“. Lebedew erklärte das auch mit dem Weiterkommen in der Königsklasse: „Die Champions League bedeutet eine riesige emotionale Belastung. Auf diesem hohen Niveau zu spielen, kostet viel Kraft.“So kam zum zweiten Mal in Folge eine schwache Zwischenrunde heraus, sowohl 2022 als auch 2023 gab es jeweils nur zwei Siege aus sechs Spielen.
„Dass wir von gestern auf heute keine schlechtere Mannschaft geworden sind, war klar“, freute sich Lebedew über das Ende der Negativserie. Im Play-off-Viertelfinale wartet nun der Sechste Helios Grizzlys Giesen. Der VfB startet zu Hause in die Best-of-ThreeSerie. Spielbeginn ist am Sonntag, 26. März, um 17.30 Uhr in der Bodensee-Airport-Arena. Das zweite Spiel in der Volksbank-Arena in Hildesheim findet dann am Samstag, 1. April, um 17.30 Uhr statt. Momentan ist ein potenzielles Spiel drei in Friedrichshafen auf den Sonntag, 9. April, 15 Uhr terminiert. „Wir haben gegen Giesen in der Hauptrunde knapp und glücklich gewonnen. Das ist eine sehr gute Mannschaft, ich schätze ihre Mittelblocker und Zuspieler“, sagte Lebedew. Giesen hat gerade Verletzungsprobleme auf der Diagonalen, was dem VfB in die Karten spielen könnte. Bei Friedrichshafen sind alle fit bis auf Libero Nikola Pekovic sowie Diagonalspieler Miguel Martínez, der nach einem Muskelfaserriss im Bauch noch mindestens den gesamten März ausfallen wird. „Der Sieg gegen Berlin hat allen gutgetan“, blickte Späth-Westerholt zuversichtlich in Richtung Viertelfinale.