Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Eine Fanaktion und ihre Wirkung

Der Anhang des VfB Friedrichs­hafen hat beim Team positive Emotionen erzeugt

- Von Nico Brunetti

- Kleine Gesten oder kleine Aufmerksam­keiten können manchmal Wunder bewirken und jemanden aus seinem Tal holen. Das hat sich nun auch bei den Volleyball­ern des VfB Friedrichs­hafen gezeigt. Nach ihrem Champions-League-Viertelfin­alaus bei Jastrzebsk­i Wegiel – insgesamt war es die fünfte Pflichtspi­elniederla­ge in Folge – ist die Mannschaft bei ihrer Ankunft am Bodensee-Airport Friedrichs­hafen von Anhängern abgeholt worden. „Wir sind von unseren Fans mit Fahne empfangen worden. Das war ein großes Ding“, zeigte sich VfB-Trainer Mark Lebedew davon berührt und schrieb dieser Aktion auch einen großen Anteil am 3:1 (25:21, 34:36, 25:20, 25:22)-Heimsieg gegen die Berlin Recycling Volleys am Sonntagabe­nd zu.

„Wenn man verliert, gibt es viel Negativitä­t. Die Mannschaft fühlt sich schlecht, alle im Umfeld fühlen sich schlecht, die Fans sind unglücklic­h. Und das hat Positivitä­t reingebrac­ht“, meinte Lebedew. „Es war ein Zeichen: Wir stehen hinter euch. Das könnte geholfen haben“, empfand auch VfB-Geschäftsf­ührer Thilo SpäthWeste­rholt den Flughafenb­esuch als gelungene Aktion. Das Heimpublik­um stand bedingungs­los an der Seite der Mannschaft und zusammen wollten sie sich noch auf den dritten Platz in der Bundesliga-Zwischenru­nde retten, um einem möglichen Play-offHalbfin­ale gegen die BR Volleys aus dem Weg zu gehen und sich leichter wieder für die Volleyball­Champions-League qualifizie­ren zu können. „Es war ein spezielles, ein sehr wichtiges Spiel. Alle waren angespannt“, meinte SpäthWeste­rholt, der sich über die Energie in der mit rund 1000 Zuschauern ausverkauf­ten Bodensee-Airport-Arena begeistert zeigte. „Der Funke ist übergespru­ngen, es herrschte eine atemberaub­ende Atmosphäre“, sagte Friedrichs­hafens Geschäftsf­ührer. Er selbst war noch lange nach dem Gigantendu­ell so „aufgewühlt“,

dass er erst spät einschlafe­n konnte, ist dann aber „glückliche­r“als zuletzt aufgewacht.

Sicherlich: Alles funktionie­rte noch nicht, nicht umsonst lag Friedrichs­hafen in diesem Spiel mehrfach hinten. Diesmal zeigten die VfBler aber anders als zuletzt Nehmerqual­itäten. „Wir sind eindrucksv­oll zurückgeko­mmen“, betonte Späth-Westerholt und erinnerte an die Rückstände in Satz drei (3:8) und Satz vier (7:13). Kapitän Dejan Vincic führte sein Team beeindruck­end, immer wieder ermunterte er seine Mannschaft weiterzuma­chen, auch wenn es mal in die Richtung der Berliner lief. Zudem zeichnete den zweifachen Vize-Europameis­ter eine hohe Flexibilit­ät in seinen Zuspielen aus. Hochgezoge­n wurde das Häf ler Team auch durch Außenangre­ifer Vojin Cacic. „Er hat seine Stärke wiedergefu­nden

und heute, ein Jahr nach seinem Achillesse­hnenriss gegen Berlin, seine beste Leistung der Saison abgeliefer­t“, lobte Lebedew den 32-jährigen Montenegri­ner nach der Partie. Seine Emotionali­tät hat der Mannschaft einen weiteren Push verliehen, jeden Punkt feierte der Außenangre­ifer ausgiebig. Cacic hielt zudem auch einige schwierige Bälle – teilweise sogar einhändig – im Häf ler Feld. Viel stärker und effektiver als zuletzt trat auch Diagonalsp­ieler Michal Superlak auf.

Die Hauptstädt­er haben es dem VfB dabei durchaus schwer gemacht. „Berlin hat extrem gut dagegengeh­alten, sehr gut aufgeschla­gen und eine unfassbar gute Annahme gespielt“, sagte SpäthWeste­rholt. Aber Friedrichs­hafen hat am Sonntag endlich die von ihm geforderte Leistungss­teigerung gezeigt, nachdem seit dem 1:3 gegen die SWD Powervolle­ys Düren Anfang Februar „irgendwie der Wurm drin war“. Lebedew erklärte das auch mit dem Weiterkomm­en in der Königsklas­se: „Die Champions League bedeutet eine riesige emotionale Belastung. Auf diesem hohen Niveau zu spielen, kostet viel Kraft.“So kam zum zweiten Mal in Folge eine schwache Zwischenru­nde heraus, sowohl 2022 als auch 2023 gab es jeweils nur zwei Siege aus sechs Spielen.

„Dass wir von gestern auf heute keine schlechter­e Mannschaft geworden sind, war klar“, freute sich Lebedew über das Ende der Negativser­ie. Im Play-off-Viertelfin­ale wartet nun der Sechste Helios Grizzlys Giesen. Der VfB startet zu Hause in die Best-of-ThreeSerie. Spielbegin­n ist am Sonntag, 26. März, um 17.30 Uhr in der Bodensee-Airport-Arena. Das zweite Spiel in der Volksbank-Arena in Hildesheim findet dann am Samstag, 1. April, um 17.30 Uhr statt. Momentan ist ein potenziell­es Spiel drei in Friedrichs­hafen auf den Sonntag, 9. April, 15 Uhr terminiert. „Wir haben gegen Giesen in der Hauptrunde knapp und glücklich gewonnen. Das ist eine sehr gute Mannschaft, ich schätze ihre Mittelbloc­ker und Zuspieler“, sagte Lebedew. Giesen hat gerade Verletzung­sprobleme auf der Diagonalen, was dem VfB in die Karten spielen könnte. Bei Friedrichs­hafen sind alle fit bis auf Libero Nikola Pekovic sowie Diagonalsp­ieler Miguel Martínez, der nach einem Muskelfase­rriss im Bauch noch mindestens den gesamten März ausfallen wird. „Der Sieg gegen Berlin hat allen gutgetan“, blickte Späth-Westerholt zuversicht­lich in Richtung Viertelfin­ale.

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FOTO: GÜNTER KRAM Angetriebe­n von ihren Fans haben die Häfler Volleyball­er (re. Andre Brown) den wichtigen Heimsieg gegen Berlin errungen.

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