Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Sieg für Sinn Fein bei Kommunalwahl in Nordirland
Erstmals ist die katholisch-republikanische Partei vorn – Unionisten geraten zunehmend unter Druck
- Bei der Kommunalwahl in Nordirland haben Anhänger einer Vereinigung mit dem EUNachbarland Irland einen historischen Erfolg gefeiert. Mit Sinn Fein (SF) sicherte sich erstmals seit der Gründung der britischen Provinz vor gut 100 Jahren eine Partei aus dem katholisch-republikanischen Lager die meisten Sitze auf kommunaler Ebene. Das ergab das Wahlergebnis, das in der Nacht zum Sonntag veröffentlicht wurde. Nun wird in den Regierungsstuben von London und Dublin beraten, wie viel Spielraum es für politische Initiativen in Nordirland gibt.
Auf Platz zwei und drei gingen die protestantisch-unionistischen DUP und die liberale Allianzpartei aus den Wahlen hervor. Die regionale SF-Chefin Michelle O’Neill wertete das Ergebnis als „klares Signal: Die Blockade der Regierung muss enden.“
Der wichtige Gradmesser für die politische Stimmung im britischen Nordosten der grünen Insel kam wenige Wochen nach den Feiern zum 25. Jahrestag des Friedensabkommens vom Karfreitag 1998, das den blutigen, rund 30 Jahre währenden Bürgerkrieg beendet hatte. Wichtigste Neuerung des umfassenden Vertragswerkes war die Schaffung einer Allparteien-Regierung in Belfast, mit der die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen ihr Schicksal selbst bestimmen sollten.
Die Institution liegt brach, wenn eine der beiden größten Parteien ihre Beteiligung verweigert. Seit gut einem Jahr ist dies wieder einmal die DUP. Offiziell begründet DUP-Chef Jeffrey Donaldson seine Blockade mit den Handelshindernissen zwischen Nordirland und der britischen Hauptinsel, die durch den Brexit entstanden sind.
Dem EU-Austrittsvertrag ebenso wie der im Februar hinzugekommenen Windsor-Vereinbarung zufolge muss die innerirische Landgrenze offenbleiben, was eng begrenzte Zollkontrollen an der Seegrenze zur Folge hat. Dennoch bleibe Nordirland die „spannendste Wirtschaftszone der Welt“, schwärmt der britische Premier Rishi Sunak: eine Sonderstellung im EU-Binnenmarkt bei gleichzeitigem Verbleib im Vereinigten Königreich.
Viele Nordiren halten die DUPEinwände ohnehin nur für vorgeschoben. Viel schwerer wiege für die machtbewussten Unionisten, dass sie erstmals als Juniorpartner in die Allparteien-Regierung eintreten müssten. Bei der Regionalwahl im vergangenen Jahr hatte SF die Nase vorn, woraus sich O’Neills Anspruch auf das Amt der Regierungschefin ableitet.
Die Ergebnisse vom Wochenende haben den Trend bestätigt. SF holte ein Plus von 7,7 Prozent und erzielte 30,9 Prozent der Stimmen – weit vor der DUP, die mit leichten Einbußen bei 23,3 Prozent landete. Insgesamt 144 SF-Vertreter stehen nun 122 DUP-Mandataren gegenüber. Gleichzeitig zog die Allianzpartei, ebenso wie schon 2022, an den kleineren Parteien vorbei. Die Beteiligung lag im Durchschnitt der Region bei 54,7 Prozent, einem für Kommunalwahlen respektablen Ergebnis.