Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eine Aufforderung, am Leben teilzunehmen
Gedenktag für im Medizin Campus Bodensee-Kliniken verstorbenen Menschen
(sz) - „Lassen Sie uns gemeinsam der Menschen gedenken, die von uns gegangen sind“. Dazu hat Annik Ochel, kommissarische Pf legedienstleitung am Klinikum Friedrichshafen, in ihrer Begrüßung die Angehörigen und Mitarbeitenden eingeladen, die sich in der kleinen Kapelle eingefunden hatten. Gemeinsam gedachten sie der mehr als 400 Menschen, die im vergangenen Jahr in den Krankenhäusern Tettnang und Friedrichshafen gestorben sind. Bereits zum dritten Mal fand der jährliche Gedenktag am Medizin Campus Bodensee (MCB) statt.
Die letzten praktischen Dinge zu klären und Hilfsmittel zu organisieren, dabei hilft Christiane Zirkel, im Sozialdienst des Klinikums tätig. „Ich treffe in meiner Arbeit täglich auf Menschen, die sich von ihrem Leben verabschieden müssen“, erzählt sie. Jeder dieser Menschen habe seine unverwechselbare Geschichte und obwohl es in ihrer Arbeit eigentlich um die ganz pragmatischen Dinge gehe, träten in den Gesprächen schnell die wesentlichen Themen zutage, schreibt der MCB in einer Pressemitteilung.
Christiane Zirkel hat in ihren 40 Jahren Berufserfahrung viel von den Patienten gelernt, die sie in der Endphase des Lebens begleitet hat. „Ich habe wohlwollende Ratschläge für mein eigenes Leben erhalten“, berichtet sie und lässt die Besucher der Gedenkfeier
daran teilhaben. Es sind Sätze wie „Vom Sterbebett aus gesehen relativiert sich vieles“, „Warte nicht!“, oder „Verändere, was nicht gut ist“, die Zirkel bei vielen eigenen Entscheidungen geprägt haben, sagt sie. Aus ihrer Arbeit habe sie gelernt, dass das Leben an und für sich das Geschenk sei und es gelte, daran teilzunehmen.
„Was uns im Leben begegnet ist immer mehrgesichtig und es liegt viel daran, wie wir den Dingen begegnen, mit wie viel Kraft, Mut und Fantasie wir die Zeit pflücken“, weiß Pfarrerin Ulrike Hermann, Seelsorgerin am Klinikum
Friedrichshafen. Gemeinsam mit ihrem Kollegen, dem katholischen Diakon Thomas Borne, gedenkt sie der Menschen, deren irdischer Lebensbogen hier zu Ende gegangen ist. Die eigene Kraft sei beschränkt, aber es gebe einen weiten Horizont Gottes, der sich über allem spanne, so die christliche Hoffnung.
„Wenn wir unser Leben in diesen weiten Zusammenhang stellen, so können wir anders auf das Leben schauen“, wird Hermann zitiert. Ob still geborenes Kind oder lebenssatter alter Mensch – jeder der Verstorbenen hatte seine eigene Geschichte, seinen unverwechselbaren Resonanzraum, einen einzigartigen Klang. „Ein einmal erzeugter Ton wird von uns irgendwann nicht mehr gehört, und doch geht die Schwingung nicht verloren, der Ton bleibt im Resonanzraum, so weiß es die Physik“, erklärt Thomas Borne. Nicht verloren zu gehen sei „Hoffnung für die Menschen, derer wir heute gedenken“, ergänzte der Seelsorger und stellvertretend für die Verstorbenen ließ er einen Gong ertönen, dessen Klang langsam leiser wurde, irgendwann nicht mehr zu hören war – aber nie aufhört zu existieren.