Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Flugzeug wechsel dich
Iren Dornier und Wolfgang Wagner entwickeln Bausatz für Einsätze als Löschflugzeug
- Brennen die Wälder, werden Flugzeuge innerhalb von kurzer Zeit in Wasserund damit in Löschf lugzeuge umgerüstet und rücken zur Brandbekämpfung aus: Was sich fast wie nach einer Geschichte anhört, soll demnächst Wirklichkeit werden. Für ein neu entwickeltes System zur Umrüstung von gewöhnlichen Flugzeugen hat Iren Dornier, gemeinsam mit dem ehemaligen Dornianer und Do 24-Experten Wolfgang Wagner, ein amerikanisches und ein chinesisches Patent bekommen. Das europäische Patentamt arbeitet noch daran.
Nachdem die Wasserf lugzeuge über einem See mehrfach Wasser aufgenommen und den Brand bekämpft haben oder von einem sonstige Offshore-Einsatz zurück sind, werden sie wieder gewöhnliche Flugzeuge. Oder sie bleiben, weil es andere Einsätze gibt, auf unbestimmte Zeit Wasserf lugzeuge beziehungsweise Amphibien. Iren Dornier und Ingenieur Wolfgang Wagner sind überzeugt, dass es für den Bausatz Käufer gibt, zumal die Entwicklung eines Wasserf lugzeugs „heute fast nicht mehr finanzierbar ist“, wie der Ingenieur sagt. „Es ist zu erwarten, dass die Kosten für die im Vergleich zu erwartenden niedrigen Stückzahlen zu hoch sind.“
Bei dem Bausatz ist das anders, sind Iren Dornier und Wolfgang Wagner überzeugt. Berechnet und ausgelegt wurde das erste System für eine Do 328. „Aber es ist auch für jedes andere Flugzeug, insbesondere für Hochdecker mit Propeller-Antrieb geeignet“, erklärt Wolfgang Wagner.
Entstanden ist die Idee, ein gewöhnliches Flugzeug in ein Wasserf lugzeug oder Amphibium umzurüsten, aus der Arbeit mit der Do 24 Amphibischer Technologie-Träger (ATT) von Iren Dornier, Enkel des legendären Flugpioniers Claude Dornier. Er und auch Wolfgang Wagner möchten der letzten von rund 200 Maschinen, die in den 1940er-Jahren als Rettungs- und Transportflugzeuge
ausgeliefert wurden, wieder zu Höhenflügen verhelfen. Zuletzt hatte die Maschine eine „Vorläufige Verkehrs-Zulassung“. An einer solchen Zulassung arbeitet Iren Dornier derzeit. Er selbst, seine Techniker und Ingenieure sind optimistisch, dass sie diese trotz großer Hürden wieder bekommen.
Wolfgang Wagner, zur Zeit des Umbaus der Do 24 zur Do 24 ATT Dornier-Ingenieur, kennt fast jede Schraube des Flugboots. Er war schon immer überzeugt: „Dieses Wasserflugzeug muss man als Maßstab nehmen, wenn man etwas Neues macht.“
Für das neue System dient ihm insbesondere das Unterwasserschiff der Do 24 ATT als Grundlage, „denn das ist so hervorragend konstruiert – besser geht es nicht“. Klar ist auch: Es muss eine lange Schnauze haben, damit das umgebaute Flugzeug beim Start leicht aus dem Wasser herauskommt.
So viel zur Theorie. Einfach ist das Unterfangen dennoch nicht. Denn: „Normale Flugzeuge sind für den Betrieb an Land ausgelegt. Das wirkt sich insbesondere bei der Festlegung der auftretenden Manöverlasten aus“, erklärt der Ingenieur. „Wesentlich sind dabei die Lasten auf das Fahrwerk, auf das Triebwerk, auf die Flügel und auf das Leitwerk.“Diese Bereiche und damit einhergehend ihre Lasten
können bei einem Betrieb des Flugzeugs im Wasser durch Wellenstöße und Start- sowie Landevorgänge deutlich erhöht sein.
In der Praxis entfallen große neue Berechnungen oder langwierige Genehmigungen: Die Adaption am Flugzeug ist so ausgelegt, dass die im normalen Landbetrieb auftretenden Lasten nicht überschritten werden. „Eine Verstärkung oder nennenswerte Nachqualifikation ist somit nicht notwendig“, betont der Experte.
Außerdem wichtig für den sicheren Betrieb ist die Geometrie des Schwimmwerks in Relation zum Flugzeug. Dafür ist die Lage zum Beispiel des Triebwerks und vor allem des Propellers wesentlich. Was wiederum für die Praxis bedeutet: Der Abstand zwischen dem Propeller und der Wasseroberfläche muss vergrößert werden.
Dafür hat der Konstrukteur eine Einziehvorrichtung vorgesehen: Im Wasserbetrieb wird das Boot zur Vergrößerung des Abstands zwischen Wasseroberf läche und Propeller nach unten gefahren. Im Flug wird das an den Rumpf angepasste Boot nach oben gezogen, so dass der aerodynamische Widerstand minimiert wird. Außerdem wird so die Reisefluggeschwindigkeit nicht stark verringert.
Umgebaut wird das Flugzeug in wenigen Stunden auf einer Art mobiler Rampe, von der aus es ins
Wasser gelassen werden kann oder selbst fährt, so die Idee. Dafür müssen „nur“die Räder und die Bremsen abmontiert werden. Als Schnittstelle für die Montage des Systems dienen die Achsen der Fahrwerke.
Rund 20 Einsprüche gab es gegen das Projekt, berichtet Wolfgang Wagner. Alle hat der Ingenieur ausführlich widerlegt, so dass China und die USA jetzt das Patent erteilt haben. Egal wie groß das umzurüstende Flugzeug ist – das Prinzip für das System, das an die Größe des Flugzeugs angepasst wird, ist immer das gleiche.
Ein Jahr wird es noch dauern, schätzt der ehemalige Dornianer, bis das System mit allen Details ausgelegt ist. Die geraden Flächen des Bootes sollen wahrscheinlich aus Metall gebaut werden, räumlich geformte Details aus Verbundwerkstoffen, auch Komposit genannt. Vorgesehen ist, dass zunächst eine Flugzeugf lotte mit dem System ausgestattet wird. Iren Dornier und Wolfgang Wagner denken beispielsweise an Militärflugzeuge, die einerseits bei Waldbränden rasch zum Firefighter oder anderseits für Offshore-Aufgaben umgerüstet werden können. „In drei Jahren könnte das Projekt richtig Fahrt aufnehmen“, meint der Ingenieur. Er freut sich, dass das System so eng mit der alten Do 24 ATT verbunden ist. „Sie ist einfach klasse.“
„Dieses Wasserflugzeug muss
man als Maßstab nehmen, wenn man etwas Neues macht.“
Wolfgang Wagner
„In drei Jahren könnte das Projekt richtig Fahrt aufnehmen.“
Wolfgang Wagner