Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Müllsammeln als Wellness-Maßnahme
Erst seitdem ich mit Nordic-Walking-Stöcken durch die Gegend laufe, sehe ich den Müll, der in der durchaus schönen Landschaft liegt. Das zeugt wohl von einem kleinlichen Gemüt. Da ist man auf dem schönen Teuringer Talbahnweg unterwegs, und was sticht einem ins Auge? Ein leerer Getränkekarton zwischen Grasbüscheln, Reste von McDonald’s und Zigarettenkippen. Es gibt kaum noch Flecken, an denen nicht irgendwelche Heinis ihren Dreck liegen lassen.
Um das zu ändern, müsste ich meine Stöcke stehen lassen und stattdessen mit einem Müllsack losziehen. Dann hätte die Lauferei auch nicht nur für mich einen Zweck. Aber das ist wahrscheinlich zu naiv betrachtet. Was bringt es denn, im Wald eine Zigarettenschachtel aufzulesen, wenn eine Woche später an der selben Stelle schon wieder eine Bierflasche liegt? Wir wollen auch nicht vergessen, dass in den Weltmeeren geschätzte 150 Millionen Tonnen Plastikmüll treiben. Wer sich angesichts dieser Lage nach einem weggeworfenen Zigarettenstummel bückt, muss schon ein Trottel sein.
Aber der Blick aufs große Ganze hat noch nie dazu getaugt, Mut zu machen. Und egal, wie man es dreht und wendet: Der eigenen Verantwortung entkommt man auch mit einem fatalistischen Blickwinkel nicht. Diese Verantwortung - meinetwegen auch: das Gewissen - fragt nur danach, ob man etwas unternommen hat; oder eben nicht. Deshalb gibt es beispielsweise Menschen, die Ertrinkende aus dem Mittelmeer retten. Obwohl die Helfenden damit das „Flüchtlingsproblem“nicht lösen, schauen sie mit aktivem Blick auf die Welt, den sie vorher vielleicht nicht hatten. Darum könnte es also – auch – gehen: Sich selbst besser zu fühlen, weil man den winzigen Wirkungsraum nutzt, den das große Ganze lässt.
Man kann das auch zynisch finden: Sie selbst besser fühlen? Als ob es darum ginge! Das ist ja so typisch für den herrschenden Wellness-Zeitgeist: Gerade weil das große Ganze den Bach runtergeht, schreiben wir unser eigenes Wohlergehen umso größer.
Aber warum auch nicht. Vielleicht stellt sich dieses Wohlbefinden ja nicht nur dann ein, wenn man in einem Wellness-Hotel passiv in der Sauna sitzt. Sondern auch, wenn man im Wald eine Kippe aufhebt. Ich sollte das zumindest mal ausprobieren.
Die Kulturtipps der Woche: Anlässlich der 50. Jubiläums des Bodenseekreises gibt das Landespolizeiorchester am Mittwoch, 24. Mai, 19 Uhr, ein Konzert im GZH mit Solist Alain Wozniak (Klarinette); Eintritt nur 5 Euro. Den großen Plattenaufnahmen des legendären Labels Blue Note huldigt das Jazzquintett Mani Nude beim Donnerstagsjazz im Atrium am 25. Mai ab 20 Uhr; Eintritt frei. Der Kabarettist Max Uthoff kommt mit seinem Programm „Moskauer Hunde am Donnerstag,
25. Mai, 20 Uhr, in den Bahnhof Fischbach. Die Bodensee-Players spielen ihr neues Stück „The Fox On The Fairway“im Casino im Fallenbrunnen - am 24., 25.,
26. und 27. Mai, jeweils 20 Uhr.