Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein Helfer im Rampenlich­t

Nico Denz lebt beim Giro d'Italia seinen Traum

- Von Emanuel Reinke

(SID) - Nico Denz wähnte sich im falschen Film. Zwei Etappensie­ge und die unerwartet­e Rolle als Ausreißerk­önig des 106. Giro d'Italia waren für den deutschen Radprofi nur schwer zu begreifen. „Ich lebe hier einen Traum. Ich verstehe nicht so richtig, was hier gerade vor sich geht“, sagte Denz nach seinem zweiten Giro-Coup am Samstag in Cassano Magnago: „Aber wegen mir darf es gerne so weitergehe­n.“Im Fotofinish hatte der 29-Jährige vom deutschen Team Borahansgr­ohe die 14. Etappe gewonnen – nur zwei Tage nach seinem ersten Erfolg. Im Zielsprint entschied eine halbe Radlänge zu seinen Gunsten. Es war der dritte deutsche Tagessieg. „Ich wollte um den Sieg fahren oder mit wehenden Fahnen untergehen“, so Denz.

Der Höhenf lug des Allrounder­s aus Waldshut-Tiengen war so nicht abzusehen. Fürs Siegen sind für gewöhnlich andere zuständig. Bei der Italien-Rundfahrt gelangen ihm erst die Karriere-Erfolge vier und fünf. Auch beim Giro ist Denz eigentlich einer jener Helfer, die im Peloton leicht übersehen werden, deren Leistung für den Erfolg der Mannschaft­en aber unerlässli­ch sind. Für das Bora-hansgrohe-Team soll Denz vor allem den deutschen Hoffnungst­räger Lennard Kämna bei dessen Klassement-Ambitionen helfen. „Er ist ein harter Arbeiter, ein Allin-Typ und ein großer Kämpfer“, sagte Teamchef Ralph Denk über Denz: „Wir haben gewusst, dass er was kann. Sonst hätten wir ihn nicht verpflicht­et.“Die mittelschw­eren Etappen der zweiten Woche boten Denz Raum für eigene Experiment­e als Etappenjäg­er. Er vollendete sie „wie im Lehrbuch“, wie Teamchef

Denk sagte. Bora-hansgrohe, das als Titelverte­idiger gestartet ist, befreite Denz mit seinen Erfolgen vom Druck. „Die Siege beruhigen uns schon“, so Denk.

Denz ist eine der großen Überraschu­ngen des 106. Giro. Zwei Tageserfol­ge nach 14 Etappen hatte nur der mittlerwei­le ausgestieg­ene Weltmeiste­r Remco Evenepoel auf dem Konto. Gut für Kämna, der sich bei den entscheide­nden Bergateppe­n auf die Hilfe von Denz verlassen kann. Beide kamen am Sonntag beim Sieg des US-Amerikaner­s Brandon McNulty mit den Top-Favoriten ins Ziel.

„Ich wollte um den Sieg

fahren oder mit wehenden Fahnen untergehen.“

Nico Denz

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