Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Nicht die logische Lösung
Es klingt logisch. Durch einen Strompreis-Rabatt soll die deutsche Industrie spürbar entlastet und somit international wieder konkurrenzfähig werden. Der Standort gewinnt an Wettbewerbsfähigkeit und Hunderttausende Arbeitsplätze können gesichert werden. Da verwundert es kaum, dass die Wirtschaft eifrig Beifall klatscht.
Doch solch gut gemeinte Subventionen bringen enorme Nachteile mit sich. Neben der Kernfrage, wer die zusätzlichen Milliarden aufbringen soll, laden Geldgeschenke der Politik stets zu Mitnahmeeffekten ein – siehe Corona-Hilfen oder Strom- und Gaspreisbremse. Zudem weckt jede Großzügigkeit des Staates neue Begehrlichkeiten. Wenn Großkonzerne günstigeren Strom erhalten sollen, was ist dann mit den kleineren Zulieferern und dem Handwerk? Und warum sollen dann nicht auch Einzelhändler, Landwirte und die notorisch klammen Kommunen günstigeren Strom erhalten? Und die Privathaushalte? Praktisch jede Art von Subvention führt unmittelbar zu Fehlsteuerungen und schafft neue Ungerechtigkeiten.
Die Politik ist hier wahrlich nicht zu beneiden. Sie muss entscheiden, welche Subvention für wen wirklich notwendig ist, wer dabei leer ausgehen muss und wer das Ganze zu bezahlen hat. Subventionen können durchaus Sinn ergeben – aber nicht mit der Gießkanne, sondern nur sehr gezielt zum Anschub wichtiger Zukunftstechnologien. Allzu großzügige Gaben stellen dagegen fast immer ein Fass ohne Boden dar und verzögern nicht selten einen notwendigen Strukturwandel.
Besser als ein Industriestrompreis wäre deshalb, das Angebot an Energie konsequent auszuweiten. Die Ampel tut bedauerlicherweise das Gegenteil, indem sie noch voll funktionsfähige Kernkraftwerke abschaltet. Ein Industriestrompreis löst unser Energieproblem keineswegs, er doktert lediglich an den Symptomen einer verfehlten Energiepolitik herum. Eine logische Lösung wäre es vielmehr, den Ausbau der Wind- und Sonnenenergie sowie der erforderlichen Netze massiv zu beschleunigen und sämtliche sechs betriebsbereiten Kernkraftwerke wieder ans Netz zu nehmen – zumindest so lange, wie dies noch notwendig ist.