Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ein Ex-Banker mit Krisenerfahrung
Hessischer Staatssekretär Nimmermann folgt auf Graichen – Opposition fordert Transparenz
(AFP/abc) - Der hessische Wirtschaftsstaatssekretär Philipp Nimmermann (Grüne, Foto: dpa) soll ins Bundeswirtschaftsministerium wechseln, um dort Nachfolger von Staatssekretär Patrick Graichen zu werden. „Er ist ein erfahrener Verwaltungschef, seit vielen Jahren Staatssekretär, ein Kenner von Energiemärkten und ein guter Ökonom“, sagte Minister Robert Habeck (Grüne) am Montag. Er soll laut Angaben des Wirtschaftsministeriums demnach seine Arbeit „sehr zeitnah“aufnehmen.
Der 57-jährige Nimmermann habe „mehrfach bewiesen, dass er hochkomplexe Aufgaben stringent strukturieren kann, in einem politisch aufgeladenen Umfeld breit getragene Lösungen schaffen und mit seinem ökonomischen Verstand und seiner
Kenntnis der politischen Debatten sofort in die Themen finden kann“, erklärte Habeck. Er werde „mit einem frischen Blick die Prozesse neu durchdenken“und „mit seiner Erfahrung die unterschiedlichen Perspektiven einbinden“. Nimmermann wisse, „wie sich politische Entscheidungen auf Menschen auswirken und weiß, wie man gemeinsame Lösungen findet“.
Der Frankfurter war früher Chefvolkswirt der BHF-Bank und arbeitete mehrere Jahre lang als Finanzstaatssekretär in Schleswig-Holstein, auch, als Habeck dort Vize-Ministerpräsident war. 2019 wechselte Nimmermann wieder zurück in seine hessische Heimat. Dort arbeitet er seitdem im Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen als Wirtschaftsstaatssekretär.
Zu Nimmermans Aufgaben in Hessen gehörte unter anderem die Börsenaufsicht und die Energieregulierung. Ein Schwerpunkt der Arbeit der vergangenen Jahre war die Organisation und Abwicklung
von Unternehmenshilfen im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Pandemie. Hinzu seien die Härtefallfonds im Zuge der Energiepreiskrise gekommen. Nimmermann habe in Hessen die „dringend notwendige Transformation der Wirtschaft maßgeblich vorangetrieben“, erklärte Hessens Wirtschaftsminister Al-Wazir.
Habeck hatte seinen Staatssekretär Patrick Graichen in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Graichen hatte Ende April eingeräumt, dass er seinem Trauzeugen zu einem Chefposten bei der staatseigenen Deutschen Energie-Agentur verholfen hatte. Im Zuge weiterer Untersuchungen war zudem ein von Graichen gebilligtes Klimaschutz-Projekt ans Licht gekommen. Auch Staatssekretär Udo Philipp (Grüne) sieht sich Compliance-Vorwürfen ausgesetzt.
Derweil bereitet sich die Opposition im Bundestag auf die Sitzung des Wirtschaftsausschusses am Mittwoch vor. „Der grüne
Selbstbedienungsladen im Wirtschaftsministerium muss endlich geschlossen werden. Robert Habeck muss endlich für Transparenz und Auf klärung rund um die finanziellen Machenschaften von Udo Philipp sorgen“, zeterte CSUGeneralsekretär Martin Huber am Montag. Enrico Komming, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion und Mitglied im Wirtschaftsausschuss, läuft sich für den Mittwoch ebenfalls schon einmal warm: „Wir haben nicht nur einen Graichen-Sumpf, sondern ein ganzes Habeck-Moor", so Komming. Dass dieses trockengelegt werden müsse, machte auch Julia Klöckner (CDU), deutlich: „Einige grüne Netzwerkfreunde scheinen mit einer derartigen Selbstverständlichkeit bei der Vermischung von Regierungsund privatem Handeln vorzugehen, dass hier eine grundlegende Klärung notwendig ist." Die Compliance-Regeln und die Verstöße dagegen im Wirtschaftsministerium müsse der Ausschuss näher unter die Lupe nehmen.