Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Industriestrompreis soll im Frühjahr 2024 kommen
Einigung für das von Bundeswirtschaftsminister Habeck vorgeschlagene Konzept ist aber noch nicht in Sicht
(dpa/AFP) - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hofft auf die Einführung eines Industriestrompreises bis zum kommenden Frühjahr. Dann liefen die Strompreisbremsen aus. „Und meiner Ansicht nach ist spätestens dann der Moment, wo man einsteigen sollte, so ein Konzept umzusetzen“, sagte Habeck am Montag in Berlin.
Ein Konzept hatte der Minister bereits Anfang Mai vorgestellt. Langfristig ist demnach ein „Transformationsstrompreis“geplant. Die Industrie soll von günstigem Strom aus erneuerbaren Energien profitieren. Maßnahmen dazu brauchten aber Zeit, hieß es in dem entsprechenden Papier. Deswegen soll es in einer Zwischenphase bis 2030 einen „Brückenstrompreis“geben von sechs Cent pro Kilowattstunde für einen „klar def inierten“Empfängerkreis, der aus öffentlichen Mitteln finanziert werden müsse.
Das Geld soll aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds kommen.
Habeck sagte am Montag, er rechne mit jährlichen Kosten von durchschnittlich vier Milliarden Euro pro Jahr, die im Laufe der Zeit sinken würden. Am Anfang seien es vielleicht sechs Milliarden Euro, später dann zwei Milliarden.
Einzelne Wirtschaftsverbände, der Steuerzahlerbund und insbesondere die FDP und das von ihr geführte Finanzministerium lehnten den Vorstoß jedoch ab.
Habeck tauschte sich am Montag mit Wirtschafts-, Arbeitgeberund
Gewerkschaftsvertretern über das Thema aus. Dabei bekräftigte der Wirtschaftsminister die Bedeutung des Vorhabens für die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Industriestandortes. Die Regierung könne die Industrie und ihre Beschäftigten mit der Herausforderung der hohen Energiekosten „nicht allein lassen“. Zugleich sollen gezielt nur Unternehmen in bedeutenden Bereichen profitieren, die andernfalls abwandern könnten.
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, betonte mit Blick auf den „Brückenstrompreis“, es brauche auch Klarheit darüber, „wie das Ufer aussieht, zu dem wir jetzt Brücken bauen müssen“. Der schnellere Ausbau erneuerbarer Energien und von Speichern sei unabdingbar, aber auch der Bau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken in erheblicher Kapazität. Es brauche aber auch kurzfristige Maßnahmen. „Unternehmen aller Größenordnungen vom Mittelständler
bis zum Großkonzern, die durch exorbitant hohe Strompreise in ihrer Wettbewerbs- und Existenzfähigkeit bedroht sind, die brauchen jetzt Entlastung.“
Der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, bezeichnete die Konzentration auf die energieintensive Industrie als richtig. Er warnte vor dem Wegfall ganzer Industrien. Ohne die europäische Stahlindustrie sei die Innovationskraft der Autoindustrie nicht gegeben, beim Maschinenbau sei es ähnlich. „Öffentliche Investitionen verlangen auch Garantien für die Beschäftigten auf gute Arbeit.“Das bedeute tarifgebundene Arbeit an den bisherigen Standorten.
Für Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sind die diskutierten Pläne für einen subventionierten Industriestrompreis eine Übergangslösung. „Die Energiewirtschaft kann kein Dauersubventionsfall für die Bundesrepublik Deutschland werden“, sagte Scholz am Montag in einer Rede vor dem CDU-Wirtschaftsrat in Berlin.