Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Bayern räumen auf
Titellose Saison hätte wahrscheinlich gravierende Folgen für den Rekordmeister
(SID) - Thomas Müller richtete einen verzweifelten Appell an seine 12,8 Millionen Instagram-Fans. „Lasst uns noch eine Woche zusammenhalten“, flehte der Ur-Bayer, „noch ist alles möglich!“Jetzt, vor dem Meisterfinale im Fernduell mit Spitzenreiter Borussia Dortmund, sei „nicht die Zeit für Analysen“– doch die haben längst begonnen.
„Dieser FC Bayern ist am Ende“, schrieb die „Bild“und titelte drohend: „Jetzt räumt Hoeneß auf !“Denn, so assistierte Chef-Experte Lothar Matthäus: „So kann es nicht weitergehen beim FC Bayern!“Die erste titellose Saison seit 2012, die immer konkretere Formen annimmt, dürfte den mächtigen Ehrenpräsidenten dazu veranlassen, Tabula rasa zu machen. „Es muss jetzt eine knallharte Analyse geben und eine schonungslose Aufarbeitung mit Konsequenzen, auf und neben dem Platz“, forderte Matthäus, „ohne Rücksicht auf Namen oder Positionen“.
Die Sitzung des Aufsichtsrats mit Mitglied Hoeneß am 30. Mai wirft längst ihre Schatten voraus, vor allem Vorstandschef Oliver Kahn muss seine Abberufung fürchten. „Das Mia san mia, diesen fast einzigartigen Zusammenhalt, diese Identifikation mit dem Club“, sagte Matthäus, „gibt es nicht mehr“. Das wird in erster Linie dem kühlen Kahn angelastet.
Aufgeben will der einstige „Titan“nicht – weder seine Position, noch den Titelkampf vor dem 34.
Spieltag. „Meine Stärke waren immer mein Fokus und mein Wille“, sagte er zuletzt. Nach der Saison werde man „sehr kritisch miteinander umgehen, sehr analytisch sein“und sich „viele, viele Fragen stellen“, kündigte er an. Aber „selbstverständlich“sei er auch im nächsten Jahr noch der Boss.
Doch dass dem Duo Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic der „teuerste Umbruch der Vereinsgeschichte“(„Bild“) anvertraut wird, scheint ausgeschlossen. Das wahrscheinlichste „Opfer“bleibt Kahn. Salihamidzic und Direktor Marco Neppe sind mit Trainer Thomas Tuchel, längst in die Kaderplanung eingestiegen. Eine millionenschwere Transferoffensive – das wäre typisch FC Bayern. Nach Platz vier 2007 kamen Franck Ribery und Luca Toni, nach der Klatsche gegen den späteren Meister Wolfsburg
2009 Arjen Robben und Mario Gomez, nach dem Vize-Triple 2012 Rekordzugang Javi Martinez und Mario Mandzukic, später ergänzt durch die BVB-Stars Mario Götze und Robert Lewandowski.
Der frühere Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer hat daher auch hervorgehoben, wie wichtig das titellose Jahr 2012 für die Entwicklung gewesen ist. „Auch wenn es traurig und schmerzhaft war, war es wichtig für den FC Bayern, 2012 zu verlieren – um dann alles in die richtigen Bahnen zu lenken“, sagte Sammer dem „Münchner Merkur“: „Die Ehre der Bayern war verletzt. [...] Es herrschte eine große Unsicherheit, alle Stellen wurden hinterfragt. Für die Wahnsinnsentwicklung, die der FC Bayern danach und bis heute genommen hat, war der Sieg weniger wichtig als die Niederlage“, sagte Sammer.