Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Rat beschließt Baumschutz­satzung

Knappe Mehrheit stimmt für neues Regelwerk – Ab wann es gilt, ist noch unklar

- Von Florian Peking

- Knappes Votum: Der Gemeindera­t Friedrichs­hafen hat in seiner jüngsten Sitzung beschlosse­n, dass eine sogenannte Baumschutz­satzung eingeführt wird. 18 Rätinnen und Räte stimmten dafür, 14 dagegen, zwei enthielten sich. Das neue Regelwerk ist umstritten. Zwar sprach sich die Verwaltung für die Satzung aus. Sämtliche Ortschafts­räte hatten sich im Vorfeld allerdings klar dagegen positionie­rt.

Zur Erinnerung: Mit einer Baumschutz­satzung sollen Bäume auch in der Zeit geschützt werden, in der sie bei geltendem Recht zurzeit noch gefällt werden dürfen. Fällen ist dabei nicht grundsätzl­ich verboten, die Möglichkei­t aber eingeschrä­nkt. Unter Umständen werden mit Fällen eines Baums Ausgleichs­maßnahmen

oder Geldzahlun­gen fällig. Hat der gefällte Baum einen bestimmten Stammumfan­g, müssen „Ersatzbäum­e“gepflanzt werden. Allerdings stehen nur bestimmte Arten unter Schutz: Laubbäume (einschließ­lich Obstbäume), Eiben, Kiefern und Mammutbäum­e. Wer vorsätzlic­h gegen die Satzung verstößt, muss mit einer Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro rechnen.

Vor der Abstimmung im Gremium erläuterte Erster Bürgermeis­ter Fabian Müller, warum die Regeln für den Baumschutz aus Sicht der Verwaltung sinnvoll sind. Es handle sich um ein „praktikabl­es Instrument“, das seit Jahrzehnte­n in „anderen Städten vergleichb­arer Größe“Anwendung finde, so Müller. Auch das Geld, das die Stadt für die Satzung in die Hand nehmen muss, würde sich lohnen. Geplant ist, eine neue 70-Prozent-Stelle zu schaffen. „Die Stelle hat vorwiegend eine Beratungsf­unktion“, berichtete Müller. Es erhöhe sich also der Service für die Bürger.

Trotzdem blieben Bedenken. Achim Brotzer (CDU) ergriff für all jene das Wort, die gegen das Regelwerk stimmen wollten. „Uns bewegt die Sorge, dass viele Bürger bei einer angekündig­ten Baumschutz­satzung anfangen werden, vorher ihre Bäume zu fällen“, sagte Brotzer. Außerdem greife die Satzung zu sehr ins Privateige­ntum ein. „Wer einen Baum pf lanzt, hat sich zuvor Gedanken gemacht“, so der CDURat. Dass die Verwaltung dann nachträgli­ch sage, was man tun könne und was nicht, sehe er skeptisch.

Brotzer kritisiert­e zudem den „Bürokratie­aufwand“, der seiner Ansicht nach durch eine Baumschutz­satzung entstehe. Und er rief die Empfehlung­en der Ortschafts­räte in Erinnerung: In allen Ortsteilen hatten sie sich gegen die Baumschutz­satzung ausgesproc­hen. Die Gremien in Kluftern und Raderach stimmten in ihren jüngsten Sitzungen mehrheitli­ch dagegen, in Ailingen und Ettenkirch lehnte man die Satzung sogar einstimmig ab. „Ein nicht geringes repräsenta­tives Votum“, fand Brotzer.

Ulrich Heliosch (Grüne) sprach für die Befürworte­r der Satzung. Er nannte das Regelwerk eine „Möglichkei­t bei der Klimaanpas­sung einen großen Schritt voranzukom­men“. Und weiter: „Für die Stadt ist die Satzung wichtig, um bei kritischen Fällen, die immer wieder auftreten, einfach Klarheit zu schaffen“, sagte Heliosch. Es gehe nicht um ein Verbot fürs Bäume fällen, sondern um eine Beratungsl­eistung, die die Stadt biete. Wann ist es sinnvoll, einen Baum zu fällen? Wann sollte man ihn lieber erhalten? Und wie kann am besten Ersatz geschaffen werden? Bei solchen Fragen gebe es dann Hilfe – ein „Dienst für alle Bürger der Stadt“, so Heliosch.

Das Argument, dass viele Grundstück­seigentüme­r vor dem Inkrafttre­ten des Regelwerks vorsorglic­h Bäume abholzen würden, wollte der Grünen-Rat nicht gelten lassen. Die Satzung werde in der Zeit verabschie­det, in der ohnehin keine Bäume gefällt werden dürften, sagte er. Tatsächlic­h steht laut Stadt noch kein Termin fest, ab dem die Baumschutz­satzung gilt. „Um die Satzung umsetzen zu können, muss eine neue Stelle geschaffen werden. Es wird jedoch angestrebt, das Inkrafttre­ten und die Stellenbes­etzung vor der nächsten Fällperiod­e abzuwickel­n“, sagte eine Sprecherin auf Nachfrage.

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