Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Helden der Arena
Eine Ausstellung in Konstanz zeigt die raue Welt der Gladiatoren
- Vor dem tödlichen Duell gibt’s für die harten Kerle Bohnen, frisches Gemüse – und Gerstenschleim. Gladiatoren lebten zwangsweise meist als Vegetarier: Fleisch war knapp und teuer. Eine neue Ausstellung im Archäologischen Landesmuseum in Konstanz beschäftigt sich mit dieser Kampfkultur im Römischen Reich. Brot und Spiele: Ähnlichkeiten mit der Fußballbundesliga sind nicht auszuschließen.
„Helden des Kolosseums“heißt die Ausstellung im Untertitel und blendet zurück in die 500-jährige Gladiatoren-Aera des Römischen Reichs. Mit inszenierten Kampfplätzen und Modellen von Arenen, lebensgroßen Gladiatoren in originalgetreuer Kampfmontur und interaktiven Medienstationen vermittelt die neue Sonderausstellung ein umfassendes, aber differenziertes Bild vom Leben und Sterben der Gladiatoren.
Meist sind es verurteilte Straftäter, denen zwei Wege bevorstehen: Werden sie „ad gladium“verurteilt, geht es untrainiert in den Staub der Arena (und in den sicheren Tod), lautet der Richterspruch „ad ludum“, zur Schule, dürfen sie eine spezielle Gladiatorenausbildung absolvieren, was eine etwas höhere Überlebenschance gewährt. Nach drei Jahren sind sie frei. Und was früher dem SchalkeKicker nach der Karriere der Tabakkiosk und heutigen Ex-Spielern der Trainerjob ist, ist für die damaligen Überlebenden der Ausbilderberuf in der ruhmreichen römischen Armee.
Das Leben als Kämpfer ist entbehrungsreich. Die Ernährung karg; wenn es mal etwas gibt, wird geschlungen – Muskelmasse und Fettschichten gelten als Schutzpolster. Um die grüne Kost zu boostern, schluckt der Gladiator Energydrinks aus Pflanzen- und Knochenasche. Immerhin: Untersuchungen
von Skeletten aus der damaligen Zeit weisen kaum Spuren von Mangel- oder gar Unterernährung auf – dafür manchmal Narben von Waffenhieben. Der rituelle Todesstoß iugulatio, der Stich in die Kehle, hinterlässt Spuren an den Halswirbeln.
Die „Todgeweihten“sind ein wichtiger Bestandteil der antiken Unterhaltungsindustrie. Im Mittelpunkt stehen berühmte Stars, die mit dem Kurzschwert „Gladius“– daher der Name – oder anderen Waffen in die Arenen treten; es gibt Souvenirs und eine Fankultur, dem heutigen Sport nicht unähnlich. Originale Fundstücke, wissenschaftliche Rekonstruktionen und interaktive Medienstationen erzählen nicht nur die Geschichte des Kolosseums in der Hauptstadt, sondern lassen das Leben der Gladiatoren aufleben – nicht nur rund ums Mittelmeer, sondern auch nördlich der Alpen, etwa in Trier oder Xanten. Solche Arenen fassen bis zu 50.000 Zuschauer,
die streng getrennt nach Geschlechtern und Klassen sitzen – ja, auch damals gab es VIP-Bereiche.
Die blutigen Spiele haben zuerst religiösen Charakter und nehmen ihren Anfang im Rahmen von Trauerfeiern wohlhabender Familien. Aus dem Jahr 264 v. Chr. ist der erste Gladiatorenkampf zu Ehren eines verstorbenen Politikers schriftlich überliefert. Gladiatorenkämpfe entwickeln sich im Laufe der Zeit zur Massenunterhaltung und einem wichtigen politischen Instrument. Die Zeiten sind insgesamt gewalttätig: Hinrichtungen finden öffentlich statt, die Kämpfe in der Arena sind zwar klaren Regeln unterworfen, enden aber nicht selten mit dem Tod der Sportler. Medizinische Bestecke zeugen von einer guten Behandlung verletzter Kämpfer, lassen aber eher gruseln. Schöner anzusehen sind da Originalfunde wie drei Mosaike von Gladiatorenszenen aus Augusta Raurica, dem heutigen Augst in der Schweiz.
Am Ende schlägt die Ausstellung einen Bogen in die Gegenwart, mit Hinweisen auf Gladiatoren-Darstellungen in der Malerei, in der Popkultur und in Filmen: „Spartacus“, „Quo Vadis?“oder natürlich „Gladiator“mit Russell Crowe und Joaquin Phoenix. Oder ein Plakat mit der jungen Britney Spears als Gladiatorin mit SilberBH, Schild und Schwert – auf einem Werbeplakat für eine Cola.