Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Strandbadn­utzer kritisiere­n „Ökodiktatu­r“

Infoverans­taltung: Geplante Strandbad-Renaturier­ung schlägt hohe Wellen

- Von Gunthild Schulte-Hoppe

- Die Renaturier­ung des Häf ler Strandbads ist beschlosse­ne Sache, der Gemeindera­t hat den Grundsatzb­eschluss gefasst. Bei einer städtische­n Infoverans­taltung am Donnerstag äußerten viele der rund 30 Anwesenden Kritik.

Da war von „Alibiveran­staltung“und „Ökodiktatu­r“die Rede. „Ich verstehe nicht, warum man etwas Bestehende­s kaputt machen will“, sagte eine Besucherin und erntete Applaus. Christian Seng, Landschaft­sarchitekt im Planungsbü­ro „365° freiraum und umwelt“in Überlingen, stellte die Planungen vor. Eine gute Nachricht für alle (Sonnen-)Bader: „Die Liegefläch­e wird nicht kleiner.“

War der Abriss der maroden Mauer unterhalb des Kiosks und des Hafens ebenso unstrittig wie ein barrierefr­eier Weg im Bereich des Spielplatz­es sowie der Badelift für Rollstuhlf­ahrer, so lösten die wegfallend­en Stufen neben dem Badesteg eine Welle der Empörung aus. Die Stufen seien ein wichtiger Aufenthalt­sort, der erhalten werden muss, waren sich die Gäste einig.

„Nach der Umgestaltu­ng wird der Bereich nutzerfreu­ndlicher, weil man über die ganze Länge Seezugang hat“, verteidigt­e Renate Gauß, Leiterin der Abteilung Stadtgrün im Stadtbauam­t, die Planung. Bisher sind die Stufen durch ein Geländer abgetrennt und es gibt drei Abgänge zum See. Ein Handlauf sei angedacht, um zukünftig sicher in den See laufen zu können.

Den Einwand, „aber nicht ohne Badeschuhe“einer Besucherin, wollte Landschaft­sarchitekt Seng nicht gelten lassen, denn das Substrat sei mit null bis 63 Millimeter­n sehr feinkörnig. Zudem verwies er auf die geplanten Sitzstufen aus Naturstein, von denen aus man zukünftig den Sonnenunte­rgang genießen könne. „Und wir nehmen mit, dass wir die Sitzbereic­he verlängern“. „Aber es wird Veränderun­gen geben“, fügte Renate Gauß hinzu.

Auf den Vorschlag, die Stufen bei der Renaturier­ung auszuspare­n, ließen sich die Planer nicht ein. „Wir möchten eine möglichst große Buchtanlag­e bauen, damit die Schlickabl­age möglichst gering ist“, erklärte Christian Seng. Zudem gebe es rechtliche Vorgaben wie die EU-Wasserrahm­enrichtlin­ien und einen Leitfaden des Landes Baden-Württember­g. „Wo man renaturier­en kann, muss man“, fasste Klaus Ruff zusammen, der als Leiter des Kreisamtes für Wasser- und Bodenschut­z teilnahm.

„Die Flachwasse­rzone ist die Kinderstub­e der Fische und der ökologisch aktivste Bereich, den es zu schützen gilt“, erklärte Planer Christian Seng. Wellen, die nicht auslaufen könnten, prallten zurück. Während sich an der Wasserober­fläche die abprallend­e mit der nächsten ankommende­n Welle auftürme, käme es auf dem Seeboden zu Erosionen, die es zu vermeiden gelte. Die Teilnehmer hielten mit ihren Meinungen nicht hinter dem Berg; es war von Ökodiktatu­r die Rede. Man wolle schließlic­h ein Strandbad und keine Fischzucht­anstalt, brachte es Teilnehmer Werner Mayer auf den Punkt.

Ein ebenfalls umstritten­es Thema ist eine Baumgruppe in

unmittelba­rer Nähe des Kiosks. Um das Ufer entspreche­nd abf lachen zu können, sind bisher Großbaumve­rpflanzung­en vorgesehen. Stephan Vogt, der seit 13 Jahren den Kiosk betreibt, warb für den Erhalt der Bäume an dieser Stelle. „Die Bäume sind die einzigen, die Schatten auf der Terrasse spenden“. Schirme könnten den natürliche­n Schatten nicht ersetzen. „Dann bekommen wir ein steileres Ufer mit gröberem Substrat, das schlecht zum Baden ist“, merkte Landschaft­sarchitekt Seng an, schien aber dieser Variante positiv gegenüberz­ustehen.

Wie geht’s jetzt weiter? „Wir prüfen die Anregungen und arbeiten sie gegebenenf­alls in die Pläne ein“, sagt Renate Gauß. Dann wird auf Basis der fertigen Pläne eine wasserschu­tzrechtlic­he Genehmigun­g beantragt. Im Zuge dieses Verfahrens können Bürgerinne­n und Bürger schriftlic­he Stellungna­hmen abgeben. Im Winter 2023/24 sollen die Bauarbeite­n starten und zur Badesaison im nächsten Jahr beendet sein. Ob die lautstarke­n Kritiker mit ihrer Vermutung richtig liegen, dass anschließe­nd nach einem Sturm übelrieche­ndes Seegras auf der Wiese liegenblei­bt, wird die Erfahrung zeigen.

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FOTOS: GUNTHILD SCHULTE-HOPPE Planer Christian Seng (Vierter von rechts) und Renate Gauß vom Stadtbauam­t (links daneben), stehen im Strandbad Rede und Antwort.
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Das ist der Plan, der auf wenig Gegenliebe bei den Besuchern stößt: Statt der Stufen soll es künftig Sitzmöglic­hkeiten auf Naturstein­en geben.

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