Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Trinitatis

- Rüdiger Jeno, evangelisc­he Kirche, seit September 2022 Pfarrer an der Schlosskir­che, zuständig unter anderem für die Diakonie

Am Sonntag ist „Trinitatis“. Zugegeben, ein kirchliche­r Festtag, der kaum bekannt ist. Der an die Popularitä­t von Weihnachte­n, Ostern oder Pfingsten bei weitem nicht heranreich­t. Ein Festtag, der noch dazu in der besten Reisezeit liegt – ist überhaupt jemand im Lande, außer Touristen?

Auch der Inhalt von Trinitatis ist schwerer zu vermitteln als das, was an den anderen Festen gefeiert wird. An Trinitatis, dem Tag der göttlichen Dreifaltig­keit, geht es eher um theologisc­he Fragen, um Inhalte des christlich­en Glaubens. Eben um den Gedanken, dass Gott „Drei in Einem“ist. „Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist“, und doch nicht drei Götter, sondern ein einziger. Die Gelehrten zerbrechen sich seit bald zweitausen­d Jahren die Köpfe darüber, und für uns an der Basis ist vieles davon nur schwer nachvollzi­ehbar.

Aber ein Aspekt der Idee von der Trinität ist mir seit einiger Zeit immer wichtiger geworden. Wenn Gott „Drei in Einem“ist, dann bedeutet das, dass Gott nicht allein sein will. Natürlich sucht er die Gemeinscha­ft mit seinen Geschöpfen. Aber auch in sich selbst trägt er das Verlangen nach Zusammense­in. Dieses Bedürfnis ist ein Wesensmerk­mal Gottes.

„Alles wirkliche Leben ist Begegnung“, sagt der jüdische Religionsp­hilosoph Martin Buber. Erst die Möglichkei­t zur Begegnung, erst die Gemeinscha­ft und das Zusammense­in machen das Leben lebenswert. Es ist ein Auftrag, der im Wesen Gottes begründet liegt, sich für das Miteinande­r und die Gemeinscha­ft einzusetze­n.

Egal, ob wir in der Kirche unterwegs sind oder in der Politik, im Verein oder im Sozialraum, in der Publizisti­k oder der Bildung, in Wirtschaft oder Pf lege: Nur gemeinsam werden wir weiterkomm­en, nur miteinande­r haben wir Zukunft. Gespräche auf Augenhöhe, Interesse an der Sicht der anderen, Offenheit und Empathie – nur mit ihnen geht es. Die göttliche Dreieinigk­eit ist ein Sinnbild dafür.

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