Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein Lokführer aus Leidenscha­ft

Eisenbahn-Liebhaber widmet der Ausbildung auf der „Bürgerbahn“viel Zeit

- Von Annette Rösler ●

Bahnreisen­de wollen vor allem sicher und schnell an ihr Ziel kommen und interessie­ren sich meist wenig dafür, was hinter den Kulissen einer Zugfahrt vor sich geht. Der leidenscha­ftliche EisenbahnL­iebhaber und Hobby-Lokführer„Azubi“Dieter Stohr, der in Tettnang-Kau aufgewachs­en ist, heute in Kressbronn wohnt und bei ZF arbeitet, weiß mehr und beantworte­t gern alle Fragen.

Wer ist der ruhige, ausgeglich­ene Mann, der beim Stichwort „Eisenbahn“so sprudelnd loslegt mit Erzählen, dass man als Laie kaum folgen kann? Vor ungefähr sieben Jahren habe er seine Leidenscha­ft für die Eisenbahn entdeckt. Das Interesse geweckt hätten seine damalige Freundin und deren Vater, die aus Aulendorf stammen. Der Vater sei Berufspend­ler gewesen und täglich mit der Bahn von Aulendorf nach Friedrichs­hafen gefahren.

Dieter Stohr habe sich dann entschiede­n, zum Besuch der Freundin in Aulendorf und zu seinem Arbeitspla­tz bei ZF in Friedrichh­afen von Kressbronn aus mit dem Zug zu fahren. „Allerdings musste ich dafür auch noch ein kleines Stück den Bus benutzen“, sagt er. Stohr findet Bahnfahren entspannen­d und sagt: „Man ist oft schneller am Ziel, hat keinen Stress, keinen Stau und kein Parkplatzp­roblem.“

Dieter Stohrs Einstieg bei der Bahn begann, als er mitbekam, dass für die „Räuberbahn“, früher „Radexpress“, ein ehrenamtli­cher Zugbegleit­er gesucht wurde. Er habe sich „hobbymäßig“beworben. Die „Räuberbahn“, nach dem „Schwarzen Veri“benannt, fährt am Wochenende die Strecke von Pfullendor­f nach Aulendorf und kutschiert Ausflügler gemächlich mit Spaßfaktor durch Oberschwab­en.

Aktuell macht Stohr eine Ausbildung als ehrenamtli­cher Lokführer bei der „Bürgerbahn“, die seit April 2023 am Wochenende auf der Strecke Pfullendor­f – Altshausen hin- und zurückfähr­t. Es handelt sich dabei um die ehemalige Bahnstreck­e von Pfullendor­f nach Schwackenr­eute, die abgebaut wurde. Die Gemeinden Pfullendor­f, Altshausen und Ostrach haben die stillgeleg­te Strecke gekauft und einen ehrenamtli­chen Zugverkehr aufgebaut. So ist statt einem „Bürgerbus“eine „Bürgerbahn“entstanden, die von Ehrenamtli­chen gefahren und begleitet wird und das normale Angebot der Deutschen Bahn unterstütz­t. Hinter dem Engagement steht der Fördervere­in „Räuberbahn“.

„Für den ehrenamtli­chen Lokoder Triebfahrz­eugführer ist die Ausbildung genauso anspruchsv­oll wie für die hauptberuf liche Tätigkeit“, erklärt Dieter Stohr. Nur etwas reduziert: Die Theorie wird online übermittel­t, bei der Praxis ist ein hauptberuf­licher Lokführer dabei. „Es ist am Wochenende schon viel Stoff zu lernen“, gibt Stohr zu. Aber er opfert gern seine Freizeit und freut sich schon darauf, die „Bürgerbahn“und die „Räuberbahn“als Lokführer selbst fahren zu dürfen.

Die Frage, ob er vor der großen Verantwort­ung Angst habe, verneint er. Eher ein mulmiges Gefühl könnten technische Störungen bei ihm auslösen, da die Bedienelem­ente im Lok-Führerstan­d schon wesentlich komplizier­ter als beim Pkw seien.

„Das funktionie­rende Zusammensp­iel von Technik und Mensch bei der Bahn haben mich von Anfang an fasziniert“, erzählt er. Er habe sich genau angeschaut, welcher Ablauf dahinterst­eckt, dass die Züge reibungslo­s fahren. „Alles geht Hand in Hand, und alle Kollegen müssen sich fest aufeinande­r verlassen können.“

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FOTO: ANRÖ Ehrenamtli­cher Lokführer – dazu lässt sich Dieter Stohr ausbilden.

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