Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Erste Hilfe für die Seele
Am Beginn meines Berufungsweges stehen zwei Unfalltode, die mich als 17/18-jährigen sowohl spirituell als auch theologisch herausforderten. Als unser Klassenlehrer die Nachricht vom Tod unseres Mitschülers überbrachte, stand die Welt für uns still. Erst nach der Beerdigung lernte ich die Eltern kennen und es entstand ein Kontakt, der bis heute andauert. Es war keine „Notfallseelsorge“im klassischen Sinn, dennoch erlebte ich die Begleitung von Menschen in schweren Situationen als zutiefst sinnhaft. Dabei unterscheidet man zwischen der „ersten Hilfe für die Seele“und weiterführenden Angeboten (Trauerfeiern oder -gruppen). Ein traumatisches Ereignis wird immer ein Einschnitt bleiben und das weitere Leben prägen. Wie im körperlichen so gilt auch im seelischen, dass eine Begleitung in den ersten Stunden hilfreich und abmildernd wirken kann. Oft gestaltet sich diese schlicht im Schweigen. Es gilt die Unterstützung aus dem sozialen Netz zu aktivieren und die Betroffen etwas aus der Schockstarre wieder herauszubekommen.
Notfallseelsorge ist ein Dienst, den nicht nur Hauptamtliche oder kirchliche Menschen leisten könnten, obschon eine bestimmte Haltung, Ausbildung und Praxiserfahrung dafür nötig ist. Ich selber durfte die Ausbildungen für Notfallseelsorge bei Betroffenen und für Einsatzkräfte durchlaufen: mich beeindrucken die vielen ehrenamtlichen Helfer und die Professionalität der Rettungsund Einsatzkräfte. Als Seelsorger versuche ich beizustehen: den Betroffenen in ihrer Ohnmacht, den Einsatzkräften als Entlastung. Als Christ stehe ich genauso hilflos vor dem „Warum“, alle Antwortversuche würden ins Leere gehen! Rituale, Gebete, der Glaube können, sofern die Betroffenen damit etwas anfangen können, bedingt Halt bieten, ansonsten bleibt auch für mich nur die stille Bitte um Gottes Kraft und Beistand.