Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
RP muss B30-Ausbau und Moldietetunnel stärker vorantreiben
– Benjamin Strasser (37) ist der FDPBundestagsabgeordnete des Wahlkreises Ravensburg. Er betreut den Bodenseekreis mit. Was er zu den wichtigen Infrastrukturprojekten sagt.
Herr Strasser, welche Berührungspunkte haben Sie aktuell mit dem Bodenseekreis?
Die Probleme sind in Friedrichshafen dieselben wie in Ravensburg: Integration, Migration, Infrastruktur, Breitbandausbau. Ich versuche die Kanäle, die ich nach Berlin habe, zu nutzen, um Probleme zu lösen. Ich habe ständig Kontakt zu den FDPOrtsvereinen und etwa unserem Landtagsabgeordneten Klaus Hoher.
Welche Stationen stehen im Bodenseekreis im Rahmen ihrer Sommertour an?
Ich versuche während meiner dreiwöchigen Sommertour möglichst die ganze Breite der Gesellschaft zwischen Biberach und Bodensee abzudecken. Ich war beim Seehasenfestumzug dabei. Ich treffe Markus Steybe als Vorsitzenden der Kreisvereinigung der Landeszahnärztekammer, das Thema ist dabei unter anderem die Finanzierungsstruktur der Zahnärzte. Außerdem bin ich bei den Unternehmen Diehl Defence und dem Naturkostgroßhändler Bodan in Überlingen und beim Sauerstoffwerk Friedrichshafen zu Gast. Auf dem Plan steht auch ein Besuch bei der Feuerwehr Meckenbeuren und Bürgermeister Georg Schellinger, um mich über die Auswirkungen des letzten Hochwassers zu informieren.
Können Sie in Bezug auf die Hochwasserschäden in Meckenbeuren Hilfe anbieten?
Wir werden über die Einsatzlagen sprechen und was man daraus lernen kann. Grundsätzlich ist das Land zuständig, der Bund hat hier nur beschränkte, ergänzende Möglichkeiten. In Berlin kämpfe ich schon seit Jahren für mehr Instrumente eines länderübergreifend koordinierten Katastrophenschutzes.
Sowohl die Oberschwabenklinik GmbH als auch der Medizin Campus Bodensee
fahren aktuell riesige Defizite, im zweistelligen Millionenbereich, ein. Wäre eine Fusion der Krankenhäuser die Lösung?
Kliniken werden nie Gewinnunternehmen sein, das ist auch nicht der Anspruch. Defizite in der Höhe, wie wir sie jetzt haben, sind aber nicht tragbar. Wir brauchen im ländlichen Raum eine KlinikVersorgungsstruktur, die auskömmlich ist. Das heißt aber gleichzeitig, dass spezialisiert werden muss. Wir können nicht jedes kleine Krankenhaus erhalten. Die Lauterbach-Reform setzt hier an. Welches Krankenhaus vor Ort wie aufgestellt wird, entscheiden wir aber nicht in Berlin, sondern die lokalen Trägerstrukturen. Von der FDP-Fraktion gab es im Kreistag des Landkreises Ravensburg immer wieder Vorschläge, stärker mit Friedrichshafen zusammenzuarbeiten, gegebenenfalls zu fusionieren. Aber darüber müssen der Ravensburger Kreistag und der Häf ler Gemeinderat entscheiden.
Die Verteidigungsunternehmen Airbus und Hensoldt haben im vergangenen Jahr in Immenstaad für die Weiterentwicklung des Eurofighters demonstriert. Sie fordern, dass der Bund bei der Beschaffung deutsche Firmen stärker berücksichtigt...
Wir müssen dabei immer einen Spagat schaffen: Zum einen soll der Steuerzahler nicht exorbitant belastet werden. Zum anderen soll möglichst viel Geld in Deutschland bleiben. Das Problem ist, dass europäische Rüstungsfirmen oft auf eigenentwickelte Lösungen setzen. Produkte großer Serien - insbesondere aus den USA - sind aber günstiger. Ich habe ein großes Interesse, dass gerade die Firmen hier vor Ort im Bodenseekreis gestärkt werden und nutze dafür meine Gesprächskanäle in Berlin.
Aktuell gibt es wieder täglich Kilometer lange Staus auf der B31 rund um Hagnau. Warum kommt der Ausbau der Bundesstraße nicht voran?
Das Gute ist, dass der Ausbau im Bundesverkehrswegeplan verankert ist. Die Planungshoheit hat das Regierungspräsidium Tübingen. Hier gibt es offenbar Probleme mit den Planungskapazitäten, deshalb hat man das komplette Projekt in die Hände der Deges gegeben, das ist ein positives Signal. Jetzt muss schnell geklärt werden, ob die Vorzugsvariante B1 Bestand hat. Wichtig ist, dass wir ins Planfeststellungsverfahren kommen, bevor der nächste Bundesverkehrswegeplan 2030 kommt. Das ist meine Erwartung an das RP und die Deges.
Die große Frage ist, ob die B1-Variante rechtlich standhält beim Thema Umweltschutz...
Das muss die Deges jetzt bewerten. Wir haben beim Bund das Thema Planungsbeschleunigung vorangetrieben, Stichwort Planungsturbo. Wir haben die Hausaufgaben gemacht, die regionalen Planungsbehörden müssen den Rechtsrahmen jetzt nützen. Klar ist am Ende, wir können nur mit einer rechtssicheren Trasse ins Rennen gehen.
Wie sieht es mit dem Lückenschluss der B30 zwischen Ravensburg und Friedrichshafen aus?
Das Regierungspräsidium hat mehr Kapazitäten bekommen, da die Planung der B31 durch die Deges übernommen wurde und der Landkreis Sigmaringen seine wichtigsten Projekte selbst plant. Ich erwarte vom RP Tübingen, dass es die frei gewordenen Ressourcen nutzt und insbesondere die B30-Ortsumgehung Meckenbeuren, sowie den B30-Abschnitt Reute/Gaisbeuren und den B32-MolldieteTunnel in Ravensburg stärker vorantreibt. Um diese Projekte ist es still geworden. Das RP hat die Zuständigkeit und die Planungshoheit, wir brauchen bei allen Projekten die Linienbestimmung und das Planfeststellungsverfahren.
Der Ausbau der Bodenseegürtelbahn verzögert sich aktuell, weil das Land bei der Finanzierung keine Lösung auf den Tisch bekommt ...
Das Projekt wird über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) bezahlt, der Bund trägt dabei die Hauptlast. Es gilt jetzt, seitens des Landes eine mutige Entscheidung zu treffen. Es kann nicht sein, dass der kommunale Anteil höher ist als der Anteil des Landes. Ich erwarte, dass das Land Farbe bekennt und sich mit einem Beitrag beteiligt, der es realistisch macht, dass die Strecke zeitnah elektrif iziert und ausgebaut wird. Ansonsten ist das Projekt auf absehbare Zeit tot, was für die Region eine Katastrophe wäre.
Der Bodensee-Airport wird für die Hauptgesellschafter Stadt Friedrichshafen und Bodenseekreis immer mehr zum Fass ohne Boden ...
Die zentrale Frage für mich ist, ob der Flughafen wichtig ist für die Verkehrsinfrastruktur in der Region. Ganz klar: ja! Wir haben hier eine starke Wirtschaft, aber unsere Achillesferse ist die Verkehrsinfrastruktur. Wir haben keine Autobahn und wenig Fernverkehr auf der Schiene. Umso wichtiger ist der Flughafen für Wirtschaft und Tourismus. Das Land hat den Flughafen insbesondere unter der grün-geführten Regierung stiefmütterlich behandelt. Es ist Miteigentümer, es kann sich nicht aus der Verantwortung nehmen.