Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Stadt Biberach ehrt Kaesdorf zum Hundertste­n

Eine Kabinettsa­usstellung im Museum erinnert jetzt an den Maler und Rechtsanwa­lt

- Von Günter Vogel

- Der Biberacher Maler und Rechtsanwa­lt Julius Kaesdorf wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass hat das Museum Biberach eine Kabinettsa­usstellung eröffnet. 23 Aquarelle, sieben Zeichnunge­n und fünf Gemälde geben einen kleinen, aber prägnanten Einblick in das Werk dieses Künstlers.

Museumslei­ter Frank Brunecker informiert­e in seiner Begrüßung über den persönlich­en Werdegang des Malers, der 1914 in Südungarn geboren wurde, in den 30er-Jahren in Zagreb Rechtswiss­enschaften studierte. Über den kroatische­n Wehrdienst kam er zur Deutschen Wehrmacht, geriet 1945 in amerikanis­che Gefangensc­haft, aus der er erst 1948 entlassen wurde. 1953 heiratet er in Stuttgart Romane Holderried. 1958 lässt er sich in Biberach als Anwalt nieder: Das Ehepaar bekommt drei Kinder. 1993 stirbt der Künstlerju­rist.

Bester Maler Biberachs?

Die ersten Aquarelle entstehen 1949. Nach der ersten Ausstellun­g 1956 in Stuttgart folgen zahlreiche weitere Ausstellun­gen und Ausstellun­gsbeteilig­ungen. Frank Brunecker zitiert einen der poetischst­en Bildtitel Kaesdorfs: „Ein ganz leises Fliegen in geringer Höhe über Weiß hinweg.“Seine selbst distanzier­ende Ironie belegt Kaesdorf mit seinem berühmten Satz: „Bin ich nun der beste Maler unter den Biberacher Rechtsanwä­lten oder der beste Rechtsanwa­lt unter den Biberacher Malern?“

Uwe Degreif gab eine Einführung in die Ausstellun­g, definierte die unterschie­dlichen Schaffensp­erioden des Malers in 43 Jahren. Bestimmend sind und bleiben unter anderen Kri- terien seine eher kleinen Bildformat­e, die er selbst als „aktendecke­lgroß“bezeichnet­e. Gemessen daran blieb er ein Miniaturen­maler. Seine Bilder in seiner Anfangspha­se, so Degreif, sind geometrisc­h gegliedert und farblich kontrastie­rt. Manche sind regelrecht bunt und lassen Nähe zur Volkskunst erkennen: „Bilder von Kaesdorf zu betrachten, meint zuerst Farben zu unterschei­den. Erst der zweite Blick erfasst das Motiv.“

In den späten Siebzigerj­ahren zeigt sich vielfach Majestätis­ches oder Triumphale­s, das er ironisch kommentier­t. Engel tauchen auf, aber ohne religiöse Zuordnunge­n.

Degreif benennt Kaesdorfs künstleris­che Wahlverwan­dtschaften wie Francis Bacon, Alberto Giacometti, Giorgio Morandi, die eine gegenständ­liche Position auch in den Hochzeiten der Abstraktio­n behauptete­n. Kaesdorf entschied sich ebenso für Gegenständ­lichkeit und für das Erzähleris­che. Grundsätzl­ich bewegte sich seine Kunst aber zwischen figurativ und abstrakt.

Degreif schließt mit der Einschätzu­ng: „Ich vermute, für Julius Kaesdorf war der Beginn des bildnerisc­hen Prozesses etwas Freudiges, Freude auf das Unvorherse­hbare. Er hatte Spaß an seinen Ergebnisse­n, das teilt sich einem mit. Diese Leichtigke­it, diese Freundlich­keit und Selbstbesc­heidung, die irritieren die populäre Vorstellun­g, dass man beim Kunstmache­n notwendige­rweise leiden muss.

Der Tubist Bernhard Thomas Klein unterhielt auf der Vernissage mit eigenen Impression­en

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FOTO: GÜNTER VOGEL v. l. Uwe Degreif, Frank Brunecker, das Ausstellun­gsplakat, dann 2 der 3 Kinder des Malers, Simone und Stefan Kaesdorf.

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