Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ausbildungsberufe ändern sich stetig
Ausbildungsordnungen passen sich kontinuierlich den Anforderungen der Wirtschaft an
STUTTGART (kab) - Analog zum technischen und gesellschaftlichen Wandel ändern sich auch die Ausbildungsberufe. Allein dieses Jahr gibt es beim Handwerk acht und im Bereich Handel und Gewerbe sechs Modernisierungen. Ganz neue Berufsbilder sind hingegen eher selten. Zum Start des Ausbildungsjahres glauben Industrie- und Handelskammer sowie Handwerkstag im Südwesten, dass die Azubi-Zahlen und die Zahl freier Stellen auf dem Niveau von 2014 liegen werden.
STUTTGART - Wer vor 20 Jahren den Beruf des KFZ-Mechanikers ergriffen hat, lernte andere Inhalte als ein junger Mensch, der im September seine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker beginnt. Analog zum gesellschaftlichen Wandel ändern sich auch Berufsbilder, und das jedes Jahr. Allein im Bereich Handel und Gewerbe gibt es zum September sechs Neuerungen, aber auch das Handwerk hält Schritt mit dem Wandel.
„Die Anforderungen in den Betrieben ändern sich“, erklärt Andrea Bosch von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Stuttgart: Vor zwei Jahren sei die Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker modifiziert worden, weil das Thema Elektromobilität bis dahin nicht enthalten gewesen sei.
Am Anfang stehe immer der Wunsch der Wirtschaft nach einer Neuerung. Betriebe, Fachverbände, Kammern, Fachgewerkschaften, Spitzenverbände sowie das Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung äußern sich dazu, heißt es vonseiten der IHK. Daraus entstehe ein Entwurf, der nach etlichen Entscheidungsrunden in einer Ausbildungsordnung und einem Rahmenlehrplan mündet. „Je nachdem, wie viele beteiligt sind, dauert das zwei bis fünf Jahre“, erklärt Bosch.
Neuordnungen können dauern
Schwierig sei das etwa bei der Neuordnung der Büro-Berufe gewesen. Etwa acht Jahre habe es gedauert, bis im vergangenen Jahr die Ausbildungen zum Bürokaufmann und zum Kaufmann für Büro-Kommunikation zusammengelegt wurden, nämlich die zum Kaufmann für Büro-Management. „Dabei beschäftigen wir uns immer mit der Frage: Wird das Berufsbild modifiziert, oder muss es ein neues werden?“, erklärt Bosch. Als nächstes würden nun die IT-Berufe überprüft, etwa der des Fachinformatikers. „Wenn wir hier bis 2017 eine neue Ausbildungsordnung haben, wären wir glücklich.“
Wegen der Festlegung der insgesamt 130 Ausbildungsberufe in der Handwerksordnung komme das im Handwerk deutlich seltener vor, erläutert Eva Hauser vom Handwerkstag Baden-Württemberg. „Sehr selten sind komplett neue Ausbildungsberufe, ein Beispiel ist die Fachkraft für Speiseeis.“Viel häufiger komme es zu Modernisierungen. „Nur durch ständige Erneuerung hält die duale Berufsausbildung Schritt mit den technischen Entwicklungen der Berufs- und Arbeitswelt“, erklärt Hauser und nennt hierbei die Digitalisierung. Ein weiterer Grund: „Nur mit spannenden Berufsbildern sind wir attraktiv für junge Leute. Damit stemmen wir uns auch gegen den Trend zur Akademisierung.“
Zum Start ins neue Ausbildungsjahr gibt es im Handwerk acht modernisierte Ausbildungen, darunter die zum Gerber oder Schuhmacher und zum Geigenbauer. Manchmal verschwinden auch Berufsbilder, vor ein paar Jahren etwa der Schirmmacher und der Handschuhmacher. An- dere vermeintlich aussterbende Ausbildungsberufe, etwa der des Hufschmids, lebten hingegen in anderer Form weiter.
Trends bei Berufswahl halten an
Ungebrochen begehrt seien im Handwerk noch die Berufe KFZ-Mechatroniker, Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung, Klima und Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik bei den männlichen Azubis sowie Friseurin, Bürokauffrau und Bäckerei-Fachverkäuferin bei jungen Frauen. „Die beliebtesten Berufe sind seit Jahren dieselben“, sagt Hauser. „Wir bedauern sehr, dass trotz aller Anstrengungen insbesondere junge Frauen nur sehr wenige Handwerksberufe in Betracht ziehen.“Gut die Hälfte der neuen Lehrverträge entfielen regelmäßig auf die oben genannten drei Berufe. Besondere Nachwuchssorgen hätten vor allem Unternehmen des Bauhauptgewerbes sowie Bäckereien und Fleischereien. Für die Zuständigkeit der IHK sagt Bosch, dass besonders die Berufsbilder mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten wenig attraktiv für junge Menschen seien – etwa in der Gastronomie und im Handel. „Die tun sich schwerer und bekommen meist auch die schwächeren Bewerber, die in anderen Branchen abgelehnt wurden“, so Bosch.