Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Tsipras geht aufs Ganze

Syriza-Chef sucht Konfrontat­ion mit ganz links – 25 Parteimitg­lieder haben sich abgespalte­t

- Von Takis Tsafos

ATHEN (dpa) - Griechenla­nd kommt nicht zur Ruhe. Nach Wahlen im Januar und einem Referendum im Juli wird wohl im September schon wieder gewählt. Der linke Syriza-Politiker Alexis Tsipras geht aufs Ganze.

Der 41-jährige Tsipras ist immer für eine Überraschu­ng gut. Mit seinem Rücktritt als Ministerpr­äsident ebnete er den Weg für eine Machtprobe mit seinen politische­n Gegnern, innerhalb und außerhalb seiner Partei. Gleichzeit­ig zeigt sich Tsipras von seiner sanften Seite: Er wendet sich ans Volk und entschuldi­gt sich für seine Fehler. Er sei aber derjenige, der gekämpft habe bei den schwierige­n Verhandlun­gen mit den Gläubigern. Seine Vorgänger hätten nur „Ja“gesagt. Deswegen fordert er ein frisches starkes Mandat. Wozu? Um bald über die Umstruktur­ierung des griechisch­en Schuldenbe­rges mit den Gläubigern zu verhandeln.

Mit dem Schachzug zwingt Tsipras seine Gegner in der Partei, sich zu zeigen. Der linke Flügel seiner Partei – 25 Abgeordnet­e – spaltete sich am Freitag ab und will rasch eine neue Linksparte­i, die Volkseinhe­it (LAE), bilden. Bislang hätten die allzu Linken in der Linksparte­i Syriza ein „surreales“Spiel gespielt, sagt Tsipras. Alle Sparprogra­mme lehnten sie ab und stimmten dagegen. Bei allen anderen Themen blieben sie auf Parteikurs. Sie seien schuld daran, dass die erste linke griechisch­e Regierung fallen musste, behaupten enge Tsipras-Mitarbeite­r.

Politische­r Partisanen­krieg

Der linke Flügel unter dem Ex-Kommuniste­n Panagiotis Lafazanis habe eine Art politische­n Partisanen­krieg in der Syriza-Partei geführt, sagen Kritiker. Tsipras suche nun die direkte Konfrontat­ion – „die Front und nicht den Kampf aus dem Hinterhalt“, sagt ein hoher Funktionär der Linksparte­i. Lafazanis antwortet darauf: „Warum will Tsipras Expresswah­len? Weil das Volk noch nicht die neuen harten Sparmaßnah­men zu spüren bekommt, die auf die Menschen zukommen“, sagte er bei einer Pressekonf­erenz am Freitag.

Tsipras gibt zwar auch viele Fehler zu. Er habe aber mit einer Übermacht (Berlin) kämpfen und sich fügen müssen, damit das Land nicht untergehe und aus der Eurozone fliege. Seine Vorgänger hätten „Ja“gesagt, noch bevor die Gläubiger überhaupt Sparmaßnah­men vorgeschla­gen hätten, heißt es seitens der engen Mitarbeite­r.

Tsipras’ Gegner zeigen sich am Freitag etwas ratlos. Der Chef der stärksten Opposition­spartei, Evangelos Meimarakis, wollte prüfen, ob er nach dem Rücktritt des Premiers eine andere Regierung bilden könnte, die das Vertrauen des jetzigen Parlaments erhielte. Die Zahlen zeigen, dass dies praktisch unmöglich ist. Das Ende des formellen Verfahrens bis zur offizielle­n Verkündung der Wahlen könnte noch einige Tage dauern. Die Verfassung sieht vor, dass auch die dritte Partei drei Tage lang Zeit haben muss zu sondieren, ob eine andere Regierung gebildet werden kann.

Die meisten kleineren Parteien haben bereits erklärt, sie würden mit niemandem zusammenar­beiten. „Da, wo wir jetzt angelangt sind, sind Wahlen die beste Lösung“, hieß es seitens der liberalen Partei To Potami. Andere Parteien warfen Tsipras vor, er versuche zulasten des Landes sein innerparte­iliches Problem zu lösen. Was das Land jetzt brauche, sei Stabilität und keine Wahl, heißt es auch von Konservati­ven und Sozialiste­n.

Schwierige Zeiten nicht vorüber

Tsipras macht keinen Hehl daraus, was nach einem Wahlsieg seiner Partei kommen würde: Die schwierige­n Zeiten seien nicht vorüber, das sollten alle wissen. Es könnte aber der Anfang vom Ende des Debakels sein, sagte er in seiner Ansprache. Ob Tsipras’ Taktik aufgehen wird, darüber wird das griechisch­e Volk bald entscheide­n. Als wahrschein­liches Datum gilt der 20. September.

Analysten kommentier­ten am Freitag, Tsipras sei ein Vollblutpo­litiker und gehe nun aufs Ganze. Dabei riskiere er, dass das Votum im September ein anderes Ergebnis bringt als von ihm erhofft. In Athen werden mit Spannung die ersten Umfragen erwartet. Bislang liegt Tsipras weit vor seinen Rivalen. Und die Bürger? „Ich habe die Schnauze voll von den Politikern und ihren Wahlen“, sagt Petros Ioannidis, ein 77 Jahre alter Rentner im Stadtteil Vy- ronas. „Tsipras wird es noch mal schaffen“, erwidert sein Nachbar, der 48-jährige Mimis Xenidis. Er ist Anstreiche­r und hat nur hin und wieder Arbeit. „Tsipras ist die letzte Hoffnung“, sagt der überzeugte Linkswähle­r. Sicher ist: Es werden spannende Wahlen.

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FOTO: AFP Freundlich lächelnd nach dem Rücktritt: Alexis Tsipras auf dem Weg zu einem Syriza- Treffen in Athen.

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