Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der alte Le Pen muss gehen
Frankreichs Rechtspopulisten schließen ihren Gründer aus
PARIS - In einer dürren Erklärung hat der Front National den Bruch vollzogen. „Bei einem Treffen am heutigen Tag hat das Exekutivbüro des Front National mit der notwendigen Mehrheit den Ausschluss von Herrn JeanMarie Le Pen als Mitglied des Front National beschlossen“, teilte die rechtspopulistische Partei Donnerstagabend mit. Der Mann, der den ausländer- und EU-feindlichen Front National (FN) 1972 gegründet hatte, gehört der eigenen Formation nicht mehr an. Ein Ende, das sich schon im Frühjahr abgezeichnet hatte, als der 87-Jährige mit rechtsextremen Parolen provozierte.
In einem Radiointerview bezeichnete der Europaabgeordnete die Gaskammern in den Konzentrationslagern erneut als „Detail der Geschichte“. Kurz darauf setzte der FN-Ehrenpräsident in einem Interview mit der rechtsextremen Wochenzeitung „Rivarol“nach, in dem er den mit den Nazis kollaborierenden Marschall Philippe Pétain verteidigte. Das war für Marine Le Pen, die sich seit Übernahme der Parteiführung 2011 um eine Entdämonisierung des FN bemüht, Anlass, den Schlussstrich zu ziehen. „Man konnte nicht hinnehmen, dass Jean-Marie Le Pen die Zerstörung der Partei fortsetzt“, sagte Vizechef Florian Philippot.
2017 in einer Stichwahl?
Doch der jungen Garde um Philippot geht es vor allem darum, vor den Präsidentschaftswahlen 2017 auch rechtsbürgerliche Wähler anzuziehen, die von dem polternden Le Pen Senior bisher abgeschreckt wurden. Dessen größter Erfolg war 2002 der überraschende Einzug in die Stichwahl um das Präsidentenamt. Umfragen sagen seiner Tochter voraus, 2017 ebenfalls in der zweiten Runde zu landen. Bei den Europawahlen im vergangenen Jahr hatte die geschickt agierende Juristin den FN schon zur stärksten Partei gemacht.
Doch der 87-Jährige will sich trotz der Erfolge seiner Tochter nicht aufs Abstellgleis schieben lassen. Rein juristisch darf der Parteigründer weiter in allen Gremien vertreten sein, denn Marine Le Pen ist mit dem Versuch gescheitert, ihm die Ehrenpräsidentschaft abzuerkennen. 94 Prozent der Mitglieder sprachen sich in einer Briefwahl für diesen Schritt aus, doch Le Pen Senior zog dagegen vor Gericht und bekam recht.
Auch jetzt will der stets elegant gekleidete Sohn eines bretonischen Fischers, der den FN vier Jahrzehnte lang führte, mit rechtlichen Mitteln gegen seinen Parteiausschluss vorgehen. Zum Sommertreffen des FN Anfang September in Marseille wolle er kommen, kündigte er an, denn: „Der Front National bin ich.“Dann könnte es zur Begegnung mit seiner Tochter kommen, die am Donnerstag nicht zur Sitzung des Exekutivbüros erschienen war. „Marine Le Pen hat Papa nicht selbst getötet. Sie hat ihn durch ihre Schergen töten lassen“, höhnte Jean-Marie Le Pen am Freitag im Radio. Der öffentlich ausgetragene Familienstreit täuscht allerdings über die ideologische Nähe hinweg, die nach wie vor zwischen Vater und Tochter herrscht.
Marine Le Pen hat das nationalistische Gedankengut des Vaters übernommen. Ihre Partei hetzt gegen Muslime und fordert, Arbeitsplätze, Sozialwohnungen und Kindergeld nur an Franzosen zu vergeben. „Diese Art, die Rechte an die Herkunft zu knüpfen, ist eine Sichtweise der extremen Rechten“, bemerkt der Historiker Nicolas Lebourg in der Zeitung „Le Monde“. Der Ausschluss von Jean-Marie Le Pen ändert daran nichts.