Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die Berg- und Talfahrten der Spritkosten
Preisänderungen nerven Kunden und Pächter – Shopverkauf in Tankstellen wird immer wichtiger
Jeden Tag ändern sich die Benzinpreise an den Tankstellen. Morgens ist es am teuersten, danach wird es im Tagesverlauf wieder günstiger. Abends legen die Anbieter dann wieder ein paar Cent drauf. Für die Preissprünge gibt es verschiedene Ursachen.
Als Grund wird oft die Einrichtung der Markttransparenzstelle vor knapp zwei Jahren genannt. Damals wurden die Mineralölfirmen dazu verpflichtet, Preisänderungen unverzüglich der zum Bundeskartellamt gehörenden Stelle mitzuteilen. Die Wettbewerbshüter wollten so Autofahrer über die aktuellen Preise informieren. „Das ist ein Instrument für die Verbraucher, Geld zu sparen“, sagt der Sprecher der Behörde, Kay Weidner. Die Markttransparenzstelle sammelt die Daten und stellt sie Dienstleistern zur Verfügung. Diese wiederum veröffentlichen die Preisinfos über das Internet.
Beschwerden nehmen zu
Einen Zusammenhang zwischen der Einrichtung der Stelle und der Zahl der Preissprünge sieht das Kartellamt aber nicht. Als im vergangenen Jahr die Beschwerden über die Schwankungen zunahmen, schauten die Beamten einmal genau hin. Heraus kam, dass die Preise durchschnittlich einmal am Tag erhöht und danach in fünf Schritten wieder gesenkt wurden. Ob der Wettbewerb zwischen den Kraftstoffanbietern zugenommen hat, ist laut Weidner nicht nachweisbar. Ein Faktor bei der Preisbildung ist der Einkaufspreis beim Kraftstoff, der letztlich von den Raffinerien bestimmt wird. Hier hat das Bundeskartellamt eine Sektoruntersuchung begonnen und schaut, ob die Preisbildung nachvollziehbar ist. Wann sie fertiggestellt sein wird, ist noch offen. Die bundesweit 13 000 Tankstellen selbst haben kaum etwas von den Preisschwankungen. Womöglich ist sogar das Gegenteil der Fall. Der Bundesverband Tankstellen und Gewerbliche Autowäsche Deutschland berichtet von kräftigen Umsatzeinbußen. Durchschnittlich 1000 Euro würden den Shopbetreibern monatlich entgehen, weil die Kunden wegen der hohen Vormittagspreise lieber zu anderen Tageszeitungen vorbei kämen. „Bei einem Shopumsatz von etwa 900 000 Euro im Jahr macht dies einen Verlust von rund 1,3 Prozent aus“, sagt VerbandsChefin Sigrid Pook.
Shops übernehmen Nahversorgung
Längst leben die Pächter nicht mehr in erster Linie vom Spritverkauf. Meist stammen mehr als 80 Prozent der Einnahmen aus den Shops der Tankstellen, in denen es ein immer breiteres Sortiment an Artikeln gibt, die nichts mit dem Autofahren zu tun haben. Die Stationen übernehmen trotz des vergleichsweise hohen Preisniveaus bei Getränken oder Lebensmitteln immer mehr eine Versorgungsfunktion, weil sie auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet sind.
Insbesondere in ländlichen Regionen, erfüllen die Stationen die Funktion als unersetzlicher Nahversorger. Diese Rolle werden sie in den kommenden Jahrzehnten womöglich noch stärker ausfüllen. Das kann sich jedenfalls das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung vorstellen. Dessen Chef glaubt, dass sich die Kommunen für den Erhalt der Infrastruktur etwas einfallen lassen müssen. Selbst kulturelle Veranstaltungen kann sich das Institut an der Tankstation vorstellen.