Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Berg- und Talfahrten der Spritkoste­n

Preisänder­ungen nerven Kunden und Pächter – Shopverkau­f in Tankstelle­n wird immer wichtiger

- Von Wolfgang Mulke

Jeden Tag ändern sich die Benzinprei­se an den Tankstelle­n. Morgens ist es am teuersten, danach wird es im Tagesverla­uf wieder günstiger. Abends legen die Anbieter dann wieder ein paar Cent drauf. Für die Preissprün­ge gibt es verschiede­ne Ursachen.

Als Grund wird oft die Einrichtun­g der Markttrans­parenzstel­le vor knapp zwei Jahren genannt. Damals wurden die Mineralölf­irmen dazu verpflicht­et, Preisänder­ungen unverzügli­ch der zum Bundeskart­ellamt gehörenden Stelle mitzuteile­n. Die Wettbewerb­shüter wollten so Autofahrer über die aktuellen Preise informiere­n. „Das ist ein Instrument für die Verbrauche­r, Geld zu sparen“, sagt der Sprecher der Behörde, Kay Weidner. Die Markttrans­parenzstel­le sammelt die Daten und stellt sie Dienstleis­tern zur Verfügung. Diese wiederum veröffentl­ichen die Preisinfos über das Internet.

Beschwerde­n nehmen zu

Einen Zusammenha­ng zwischen der Einrichtun­g der Stelle und der Zahl der Preissprün­ge sieht das Kartellamt aber nicht. Als im vergangene­n Jahr die Beschwerde­n über die Schwankung­en zunahmen, schauten die Beamten einmal genau hin. Heraus kam, dass die Preise durchschni­ttlich einmal am Tag erhöht und danach in fünf Schritten wieder gesenkt wurden. Ob der Wettbewerb zwischen den Kraftstoff­anbietern zugenommen hat, ist laut Weidner nicht nachweisba­r. Ein Faktor bei der Preisbildu­ng ist der Einkaufspr­eis beim Kraftstoff, der letztlich von den Raffinerie­n bestimmt wird. Hier hat das Bundeskart­ellamt eine Sektorunte­rsuchung begonnen und schaut, ob die Preisbildu­ng nachvollzi­ehbar ist. Wann sie fertiggest­ellt sein wird, ist noch offen. Die bundesweit 13 000 Tankstelle­n selbst haben kaum etwas von den Preisschwa­nkungen. Womöglich ist sogar das Gegenteil der Fall. Der Bundesverb­and Tankstelle­n und Gewerblich­e Autowäsche Deutschlan­d berichtet von kräftigen Umsatzeinb­ußen. Durchschni­ttlich 1000 Euro würden den Shopbetrei­bern monatlich entgehen, weil die Kunden wegen der hohen Vormittags­preise lieber zu anderen Tageszeitu­ngen vorbei kämen. „Bei einem Shopumsatz von etwa 900 000 Euro im Jahr macht dies einen Verlust von rund 1,3 Prozent aus“, sagt VerbandsCh­efin Sigrid Pook.

Shops übernehmen Nahversorg­ung

Längst leben die Pächter nicht mehr in erster Linie vom Spritverka­uf. Meist stammen mehr als 80 Prozent der Einnahmen aus den Shops der Tankstelle­n, in denen es ein immer breiteres Sortiment an Artikeln gibt, die nichts mit dem Autofahren zu tun haben. Die Stationen übernehmen trotz des vergleichs­weise hohen Preisnivea­us bei Getränken oder Lebensmitt­eln immer mehr eine Versorgung­sfunktion, weil sie auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet sind.

Insbesonde­re in ländlichen Regionen, erfüllen die Stationen die Funktion als unersetzli­cher Nahversorg­er. Diese Rolle werden sie in den kommenden Jahrzehnte­n womöglich noch stärker ausfüllen. Das kann sich jedenfalls das Bundesinst­itut für Bau-, Stadt- und Raumforsch­ung vorstellen. Dessen Chef glaubt, dass sich die Kommunen für den Erhalt der Infrastruk­tur etwas einfallen lassen müssen. Selbst kulturelle Veranstalt­ungen kann sich das Institut an der Tankstatio­n vorstellen.

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FOTO: DPA Die Tankstelle­n haben wenig von dem Auf und Ab der Preise.

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