Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Erschöpft, aber froh und glücklich
Bregenzer Festspiele ziehen positive Bilanz – Vorverkauf für neue Saison beginnt
- Wir müssen uns die Verantwortlichen der Bregenzer Festspiele als glückliche Menschen vorstellen. Ob Intendantin Elisabeth Sobotka, Präsident Hans-Peter Metzler oder Kaufmännischer Direktor Michael Diem – alle sagten, wie zufrieden sie mit der 70. Saison der Bregenzer Festspiele sind. Wenn die am morgigen Sonntag mit der Aufführung der „Turandot“auf der Seebühne zu Ende gehen, werden fast 230 000 Zuschauer die Festspiele besucht haben. Für die Orchestermatinee am Sonntagmorgen, bei der die Wiener Symphoniker unter Leitung von Philippe Jordan unter anderem Schuberts große C-Dur-Symphonie aufführen, gibt es noch Restkarten.
170 000 sahen „Turandot“
„Turandot“in der Inszenierung von Marco Arturo Marelli und unter der musikalischen Leitung von Paolo Carignani ist mit über 170 000 Kartenverkäufen finanziell ein Erfolg. Und auch das Wetter hat meist gut mitgespielt. Nur dreimal musste die Aufführung wegen Regens ins Haus umziehen. Die Sängerinnen und Sänger übrigens mögen das gar nicht. Die würden selbst bei strömendem Regen lieber weitersingen, erzählt Elisabeth Sobotka. Auch für sie in ihrem ersten Jahr als Bregenzer Intendantin eine Überraschung. Aber die Stimmung auf dem See sei so besonders, dass die Darsteller sie nicht durch einen Umzug ins Haus unterbrechen wollten.
Künstlerischer Höhepunkt freilich, das klang bei allen Verantwortlichen durch, war Stefan Herheims opulente Inszenierung von „Hoffmanns Erzählungen“. Die Aufführungen der Hausoper haben 7500 Zuschauer besucht. Wem dieses phänomenale Bildertheater entgangen ist (und wer über einen entsprechenden Zugang verfügt), kann es sich am Sonntagabend auf dem Sender ORF 3 anschauen. Auch in den koproduzierenden Häusern, der Oper Köln und der Oper Kopenhagen, wird die In- szenierung im Laufe der nächsten beiden Jahre zu sehen sein.
Positiv überrascht hat die Resonanz auf das neu gegründete Opernstudio und die daraus hervorgegangene Produktion von „Così fan tutte“. Auf diesem Weg wollen die Bregenzer Festspiele unbedingt weitergehen. Das Opernatelier, das sich im Mai im Kunsthaus Bregenz vorstellte, wird für 2017 ein zeitgenössisches Werk erarbeiten.
Das Programm für nächstes Jahr ist in den Eckpunkten klar: Auf der Seebühne wird noch einmal die Puccini-Oper „Turandot“gespielt. 22 Aufführungen sind bislang geplant. Aber wie dieses Jahr könnten bei guten Buchungen noch zwei bis drei Aufführungen dazukommen.
Im Festspielhaus gibt es – wie einst – eine Rarität zu sehen: „Hamlet“von Franco Faccio (1840 - 1891). In Riemanns Musiklexikon steht, dass der in Verona geborene Komponist zu seiner Zeit als der beste Dirigent Italiens galt. Er hat nicht nur die Erst- beziehungsweise Uraufführung von „Aida“und „Otello“von Verdi dirigiert. Er war auch mit dessen Librettisten Arrigo Boito befreundet. Auf dessen Shakespeare-Adaption komponierte Faccio die Oper „Amleto“. Sie wurde 1865 in Genua uraufgeführt. 1871 soll es noch einmal eine Aufführung an der Mailänder Scala gegeben haben. Danach ist die Oper für 130 Jahre von den Spielplänen verschwunden. Erst jüngst wurde sie von dem amerikanischen Dirigenten Anthony Barrese wiederentdeckt und an der Oper von Albuquerque in New Mexico wieder aufgeführt.
In Bregenz werden Paolo Carignani, der „Turandot“-Dirigent, und Olivier Tambosi, österreichischer Regisseur mit weltweiter Erfahrung, das Werk als Erste wieder in Europa herausbringen. Mit „Hamlet“- „Amleto“werden die Bregenzer Festspiele am 20. Juli 2016 im Festspielhaus eröffnet. Einen Tag später folgt die Seebühnen-Premiere von „Turandot“.