Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Stress mit dem Oleh-Oleh
Viele Indonesier greifen zu einem Trick, bestellen ihre Mitbringsel im Internet oder kaufen sie zu Hause – und schonen ihre Nerven
(dpa) - Zehn Kilo frische Shrimps und Krabben sollte Purwanti seinen Kollegen von seiner Reise mitbringen. Dass er dafür Übergepäck zahlen musste, war ihnen egal. „Das machte mir Kopfschmerzen. Aber ich konnte einfach nicht Nein sagen“, sagt der Ingenieur aus Indonesien. Ein „Oleh-Oleh“– ein Mitbringsel – einzufordern hat Tradition in dem südostasiatischen Inselstaat. Doch viele Reisende haben diese Pflicht satt. Ihr Frust hat einen Trend geschaffen: den Mitbringsel-Kauf in der Heimat.
„Meine Freunde haben mich ständig nach Oleh-Oleh gefragt“sagt Safir Makki, ein Fotojournalist aus der Hauptstadt Jakarta. „Es war ein Dilemma: Entweder habe ich mein Geld für Mitbringsel hinausgeworfen. Oder ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich keine gekauft hatte.“Die Erwartung von Verwandten und Freunden setzt Reisende manchmal richtig unter Druck.
Die Zahnärztin Erni Pujianti erzählt von der Freundin, die sie während ihrer Reise nach Singapur drängte, ihr eine Tasche zu kaufen. „Ich habe ihr gesagt, dass ich kaum Geld habe. Aber sie hat mich gebeten, meine Kreditkarte zu benutzen, und sagte, sie würde mir das Geld später zurückzahlen.“
Die Oleh-Oleh-Tradition reicht zurück in eine Zeit, in der Reisen etwas für Reiche war. Sie konnten ihren Wohlstand ruhig teilen – indem sie Geschenke mitbrachten. Heute gibt es Billigflüge. Mehr Indonesier als früher können es sich nun leisten, zu verreisen. Aber genügend Geld für all die Mitbringsel haben sie nicht unbedingt.
Und nicht alle haben genügend Zeit, welche zu kaufen. Genau das hat Ibu Hartati zu ihrem Geschäftsmodell gemacht. Ihr Laden in Jakarta ist mittags gerammelt voll. Im Ange- bot hat sie Sambal Rudi, eine scharfe Chili-Paste aus dem Osten der Insel Java. Oder Bakpia, einen berühmten Kuchen aus der Provinz Yogyakarta. Und viele andere Spezialitäten aus allen Regionen Indonesiens gibt es hier. „Wir haben Kunden, die auf ihren Reisen zu beschäftigt sind, um Oleh-Oleh zu kaufen. Also kaufen sie die Mitbringsel lieber hier“, sagt Hartati.
Sie beliefert sogar Kunden, deren Zahl immer weiter wächst. Wer keinen Laden wie den von Hartati in der Nähe hat, kann die Mitbringsel auch online bestellen, etwa auf der Webseite bistip.com. Das Angebot ist ein Nutzer-Netzwerk: Die sogenannten Bistiper, Käufer und Anbieter, handeln einen Preis aus. Je nach Größe und Gewicht kosten die Waren zwischen fünf und 100 Euro.
Spezielle Mekka-Angebote
Die Tradition des Oleh-Oleh ist so mächtig, dass man ihr nicht einmal als Pilger entkommt. Für Rückkehrer aus Mekka gibt es in Jakarta mehrere Shops, die Gebetsteppiche, Datteln, Hijabs oder Heiliges Wasser aus Mekka verkaufen, alles „made in Saudi-Arabia“.
„Als ich auf Pilgerreise war, habe ich all die Oleh-Oleh in Jakarta gekauft, weil ich mich voll und ganz auf meine Andacht konzentrieren wollte“, erzählt Rahayuningsih. „Meine Familie und Freunde haben den Unterschied nicht bemerkt“, sagt die 60-jährige Hausfrau und kichert. Gespart hat sie mit dem Souvenir-Kauf in der Heimat nur Zeit. „Ich will nicht, dass die Leute denken, ich sei geizig.“
„Unsere Kunden sind auf ihren Reisen zu
beschäftigt, um Oleh-Oleh zu kaufen.“
Ibu Hartati, Souvenir- Ladenbesitzerin in Jakarta