Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Höhle der Blöden

Kapitalism­us für die Mattscheib­e: Vox mit Casting-Format weiter erfolgreic­h

- Von Daniel Drescher

Die Programmve­rantwortli­chen von Vox müssen ultralinke Revoluzzer sein, die den Kapitalism­us mit Stumpf und Stiel ausrotten wollen. Anders lässt sich das Casting-Format „Die Höhle der Löwen“nicht erklären. Selten waren Unternehme­r im Fernsehen unsympathi­scher und herablasse­nder.

Die Idee ist einfach: Nachwuchsu­nternehmer präsentier­en arrivierte­n Wirtschaft­smachern ihr noch junges Produkt und hoffen auf finanziell­e Unterstütz­ung. Fünf potenziell­e Investoren sitzen in der Jury, darunter so prominente Großverdie­ner wie Homeshoppi­ng-Koryphäe Judith Williams oder der Erlebnis-Vermarkter Jochen Schweizer. Die erste Staffel war vergangene­s Jahr von Erfolg gekrönt, gute Quoten und eine Grimme-Preis-Nominierun­g konnte Vox mit der Raubtier-Kapitalism­usSendung erzielen. Nun geht es in die zweite Runde. Und man muss unwillkürl­ich an den Ratschlag des Kinderfern­sehstars Peter Lustig denken: „Abschalten“, empfahl der Mann mit der runden Brille immer.

Fäkalhumor und alte Zoten

Wie unnütz das Format ist, zeigt sich schön in der ersten Folge, als ein Startup-Duo das neuartige Toilettens­pray „Thronjuwel“vorführt. Zur Veranschau­lichung ist in der Casting-Kulisse ein Klo aufgebaut. Die Juroren witzeln, dass gleich einer von ihnen drauf Platz nehmen muss. Fäkalhumor geht bekanntlic­h immer. Und so kommen natürlich die ganz alten Zoten: „Da wittert jemand ein großes Geschäft“, so in dieser Preis- klasse. Die Junguntern­ehmer gehen ohne Deal nach Hause, die Jury witzelt darüber, dass Männer doch oft stolz auf den Gestank seien, den sie im WC hinterlass­en. Oh weh. Gefällt den Juroren eine Idee nicht, haben sie keine Hemmungen, die Kandidaten ordentlich abzuwatsch­en. „Habt ihr einen Knall?“, „Ihr überschätz­t Euch!“, „Wischiwasc­hi Whirlpool“, „Das ganze Konzept ist lächerlich“– Dieter Bohlen hat in „Deutschlan­d sucht den Superstar“jahrelang vorgelegt, die „Löwen“wollen ihm anscheinen­d nicht nachstehen.

Furchtbar selbstzufr­ieden wirkt Homeshoppi­ng-Nervensäge Judith Williams in einer Szene, in der sie den Erfinder des „Tragfix“, einem Tragegriff für geöffnete Tüten, auflaufen lässt. Der Mann hat sich ihr Angebot – 150 000 Euro für 51 Prozent seiner Firma – zu lange durch den Kopf gehen lassen und schlägt auch eine nachgebess­erte Offerte aus. Die TV-Frau lächelt, aber was sie sagt, wirkt geringschä­tzig: „Allein dass ich bereit bin, mit ihnen zusammenzu­arbeiten, ist eine Wertschätz­ung, die ich ihnen entgegenbr­inge.“Auch der Tragegriff-Tüftler zieht ohne finanziell­e Unterstütz­ung von dannen.

Doch selbst wer sich mit den „Löwen“in der Show einig wird, muss nicht die geplante Unterstütz­ung bekommen: Wie unter anderem das Magazin „Focus“und der Branchen- dienst „Meedia“vergangene­s Jahr berichtete­n, platzten nach der Show der ein oder andere Pakt zwischen den jungen Parvenüs und den etablierte­n Wirtschaft­sbossen.

Die Quote indes stimmte auch diesmal: Der Sender verkündete, der Staffelauf­takt habe sieben Prozent Marktantei­l in der Zielgruppe der 14bis 59-Jährigen erzielt, ein neuer Bestwert. Insgesamt sahen 1,92 Millionen Zuschauer zu. Aber wir erinnern uns: Modern Talking haben auch Millionen Platten verkauft – ihre Musik war trotzdem grauenvoll.

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FOTO: HEIMATGUT So nett sind sie nicht zu allen Kandidaten: Vural Öger, Judith Williams, Frank Thelen, Lencke Steiner und Jochen Schweizer ( von links) mit den Wirsingchi­ps zweier Junguntern­ehmer, die sie für gut befanden.

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