Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die Höhle der Blöden
Kapitalismus für die Mattscheibe: Vox mit Casting-Format weiter erfolgreich
Die Programmverantwortlichen von Vox müssen ultralinke Revoluzzer sein, die den Kapitalismus mit Stumpf und Stiel ausrotten wollen. Anders lässt sich das Casting-Format „Die Höhle der Löwen“nicht erklären. Selten waren Unternehmer im Fernsehen unsympathischer und herablassender.
Die Idee ist einfach: Nachwuchsunternehmer präsentieren arrivierten Wirtschaftsmachern ihr noch junges Produkt und hoffen auf finanzielle Unterstützung. Fünf potenzielle Investoren sitzen in der Jury, darunter so prominente Großverdiener wie Homeshopping-Koryphäe Judith Williams oder der Erlebnis-Vermarkter Jochen Schweizer. Die erste Staffel war vergangenes Jahr von Erfolg gekrönt, gute Quoten und eine Grimme-Preis-Nominierung konnte Vox mit der Raubtier-KapitalismusSendung erzielen. Nun geht es in die zweite Runde. Und man muss unwillkürlich an den Ratschlag des Kinderfernsehstars Peter Lustig denken: „Abschalten“, empfahl der Mann mit der runden Brille immer.
Fäkalhumor und alte Zoten
Wie unnütz das Format ist, zeigt sich schön in der ersten Folge, als ein Startup-Duo das neuartige Toilettenspray „Thronjuwel“vorführt. Zur Veranschaulichung ist in der Casting-Kulisse ein Klo aufgebaut. Die Juroren witzeln, dass gleich einer von ihnen drauf Platz nehmen muss. Fäkalhumor geht bekanntlich immer. Und so kommen natürlich die ganz alten Zoten: „Da wittert jemand ein großes Geschäft“, so in dieser Preis- klasse. Die Jungunternehmer gehen ohne Deal nach Hause, die Jury witzelt darüber, dass Männer doch oft stolz auf den Gestank seien, den sie im WC hinterlassen. Oh weh. Gefällt den Juroren eine Idee nicht, haben sie keine Hemmungen, die Kandidaten ordentlich abzuwatschen. „Habt ihr einen Knall?“, „Ihr überschätzt Euch!“, „Wischiwaschi Whirlpool“, „Das ganze Konzept ist lächerlich“– Dieter Bohlen hat in „Deutschland sucht den Superstar“jahrelang vorgelegt, die „Löwen“wollen ihm anscheinend nicht nachstehen.
Furchtbar selbstzufrieden wirkt Homeshopping-Nervensäge Judith Williams in einer Szene, in der sie den Erfinder des „Tragfix“, einem Tragegriff für geöffnete Tüten, auflaufen lässt. Der Mann hat sich ihr Angebot – 150 000 Euro für 51 Prozent seiner Firma – zu lange durch den Kopf gehen lassen und schlägt auch eine nachgebesserte Offerte aus. Die TV-Frau lächelt, aber was sie sagt, wirkt geringschätzig: „Allein dass ich bereit bin, mit ihnen zusammenzuarbeiten, ist eine Wertschätzung, die ich ihnen entgegenbringe.“Auch der Tragegriff-Tüftler zieht ohne finanzielle Unterstützung von dannen.
Doch selbst wer sich mit den „Löwen“in der Show einig wird, muss nicht die geplante Unterstützung bekommen: Wie unter anderem das Magazin „Focus“und der Branchen- dienst „Meedia“vergangenes Jahr berichteten, platzten nach der Show der ein oder andere Pakt zwischen den jungen Parvenüs und den etablierten Wirtschaftsbossen.
Die Quote indes stimmte auch diesmal: Der Sender verkündete, der Staffelauftakt habe sieben Prozent Marktanteil in der Zielgruppe der 14bis 59-Jährigen erzielt, ein neuer Bestwert. Insgesamt sahen 1,92 Millionen Zuschauer zu. Aber wir erinnern uns: Modern Talking haben auch Millionen Platten verkauft – ihre Musik war trotzdem grauenvoll.