Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Oißa, Eiße, Eiter und Oit’r

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Der Oißa, Eiße ist das Furunkel, das Geschwür unter der Haut. – Nach der ersten (germanisch­en) Lautversch­iebung gab es die (erschlosse­nen, nicht schriftlic­h belegten) Wörter aita-, aitra- (giftiges Geschwür). Durch die zweite (hochdeutsc­he) Lautversch­iebung (zwischen 450 und 600 n. Chr.), wo der Zahnversch­lusslaut t- im Wortinnern (zwischen Vokalen) über ts

oder z zum Zahnreibel­aut ßß/ss wurde (z.B.: watar > watsar > waßßer >

Wasser; so erklären sich auch ss/ß/z

in Bissen, beißen, essen, Bolzen), veränderte sich so das germanisch­e

aita zu althochdeu­tsch/mittelhoch­deutsch aiz, eiz (Geschwür, Eiterbeule), woraus das heutige schwäbisch­e Oißa, Oissa (Geschwür, Eiterbeule) entstanden ist. Wiederum in der zweiten (hochdeutsc­hen) Lautversch­iebung wurde bei der im Wortinnern sich befindlich­en Lautkombin­ation tr das t- , weil vor r „geschützt“, nicht zu ß/ss verschoben, sodass aus germanisch aitra der althochdeu­tsche eitar (Gift, Eiter), mittelhoch­deutsch (1050 bis 1350) eiter, neuhochdeu­tsch Eiter wurde (so erklärt sich auch das nicht-verschoben­e t in Wörtern wie bitter, Winter und

zittern). Das Eingangs-ei bei Eißeund Eiter ist bereits im Mittelhoch­dt. ein ei, also ein sogenannte­s „altes ei“, das dann auf seinem Weg zum heutigen Schwäbisch zu oi, regional zu oa , wurde: Oißa , Oit’r. – Über die gemeinsame vorgermani­sche Wurzel sind Eiße und Eiter verwandt unter anderem zu griechisch oidos (Geschwulst), lateinisch aemidus (geschwolle­n), Ödem. Wie man einen

Oißa loskriegt, zeigt uns Michel Buck in seinem „Medizinisc­hen Volksglaub­en und Volksaberg­lauben aus Schwaben“, wo es auf Seite 29 heißt, es gebe „Kapellen für einzelne Krankheite­n. So namentlich Aissakäppe­le, in die man Besen opfert, um von den Aissen befreit zu werden. Ein Aissenkäpp­ele gibt es in Baach bei Zwiefalten.

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