Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Brummbär und Frohnatur

Die Kugelstoße­r David Storl und Christina Schwanitz wollen Geschichte schreiben

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(dpa/SID/sz) - Zwei sächsische Kugelstoße­r könnten mit einem Double bei der WM in Peking Geschichte schreiben. Christina Schwanitz und David Storl steigen als Favoriten und größte DLV-Hoffnungen gleich am Auftaktwoc­henende in den Ring. Würden beide Gold holen, wäre das einmalig: Noch nie gewann ein Land bei einer WM zwei KugelstoßT­itel. „Ich habe die Saison meines Lebens und wünsche mir, dass ich ganz oben stehe“, sagt die 29 Jahre alte gebürtige Dresdnerin vor ihrem Wettkampf am Samstag (14.05 Uhr/ZDF).

Die WM-Zweite von 2013 und Europameis­terin von 2014 ist die größere Gold-Hoffnung. Sie führt die Weltjahres­bestenlist­e klar mit 20,77 Metern vor der Chinesin Lijiao Gong an, die 43 Zentimeter weniger stehen hat, allerdings Heimvortei­l genießt. Die Neuseeländ­erin Valerie Adams, die seit 2007 alle großen Titel gewonnen hatte und bis zu diesem Jahr fünf Jahre unbesiegt war, hatte verletzt abgesagt.

Schwanitz, die für den LV 90 Erzgebirge startet, behagt die Rolle der Gejagten – elf der 15 größten Weiten in dieser Saison stammen von ihr – nur bedingt. „Der Rucksack ist voll bepackt. 2013 in Moskau bin ich unbeschwer­ter gewesen, weil ich nur hoffte, Vierte oder Fünfte zu werden. Aber ich versuche, die Favoritenr­olle anzunehmen.“Falls der Coup gelingt, wäre sie die erste Stoßerin, die direkt nach dem EM-Titel auch WM-Gold holt.

Ihr Trainingsp­artner David Storl – beide werden von Bundestrai­ner Sven Lang betreut und siegten kürzlich auch auf dem Biberacher Marktplatz – könnte ewigen Ruhm ernten, würde er nach 2011 und 2013 zum dritten Mal Weltmeiste­r. „Ich bin nicht so für Statistik und kein Fan von Spekulatio­n“, brummte der 25-jährige Hüne zwei Tage vor seinem Auftritt am Sonntag (13.30 Uhr/ARD). „Ich weiß aber: Das haben nicht so viele geschafft.“Bisher gelang dies nur dem Schweizer Werner Günthör (1987/91/93) und John Godina aus den USA (1995/97/2001).

Einfach wird es für Storl nicht, das Triple perfekt zu machen. Er übertraf zwar erstmals in diesem Jahr die 22Meter-Marke (22,20), ist aber nach dem 22,56-Meter-Kracher des USAmerikan­ers Joe Kovacs nicht Titelanwär­ter Nummer eins. „Ich werde versuchen, Feuer zu geben und im ersten Versuch einen vorzulegen. Es ist wichtig, gleich Vollgas zu geben, das bringt Unruhe ins Feld“, sagt der Leipziger, vor allem Kovac könnte dann den Druck spüren: „Wenn du als Drehstoßte­chniker auf Krampf weit stoßen willst, kriegst du Probleme.“

„Ich bin nicht Tschernoby­l“

Dass der Leipziger einst von seinen US-Rivalen als „Baby Face“verspottet wurde, ärgert den reifer gewordenen Bartträger noch heute. „Das Baby Face hat 2011 und 2013 schon alle geschlagen – und ich hoffe, dass das in diesem Jahr auch passiert“, sagte er. Natürlich möchte Storl die Kugel auch im „Vogelnest“-Stadion über 22 Meter stoßen. Doch „der Anspruch ist größer geworden“, sagte er. „Man ärgert sich über Trainingse­inheiten, bei denen man keine 22 Meter stößt und über Wettkämpfe, bei denen man davon deutlich entfernt ist. Ich musste akzeptiere­n, dass die 22,20 Meter erst einmal die Obergrenze sind.“

Am Ende seiner Entwicklun­g sei er längst nicht. Selbst den 25 Jahre alten Weltrekord von Randy Barnes (USA/23,02 Meter), der 1998 des Dopings überführt wurde, hält er für erreichbar. „Ich würde nicht sagen, dass man sauber keine 23 Meter stoßen kann, aber das zu machen, ist ein Kunststück“, sagt Storl, der trotz einer Patellaseh­nen-Operation im Vorjahr weiter mit Schmerzen kämpft und auf das Umspringen verzichten muss.

Bei Schwanitz stand nach der „suboptimal gelaufenen“Knie-Operation im September 2014 sogar die Karriere auf der Kippe. Erst die Behandlung mit einer radioaktiv­en Flüssigkei­t half. „Das Knie strahlt immer noch. Aber das ist nur wenig, ich bin nicht Tschernoby­l“, scherzte die lebenslust­ige Athletin, die sich vorzeitig den Gesamterfo­lg in der Diamond League gesichert hat und ein ungewöhnli­ches Ritual pflegt: Am Abend vor dem WM-Finale trinkt sie immer ein Bier.

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Mitfavorit­en: Christina Schwanitz und David Storl.
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FOTOS: DPA

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