Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Milliarden sammeln gegen Not und Verzweiflung
In London tritt die Syrien-Geberkonferenz mit 35 Staats- und Regierungschefs zusammen
- Die Vertreter von mehr als 70 Staaten beraten an diesem Donnerstag in London über Hilfen für die Flüchtlinge aus Syrien. Neben mehr Geld für die Anrainerstaaten geht es um konkrete Initiativen für bessere Ausbildungsmöglichkeiten für schulpflichtige Kinder und mehr Arbeitsplätze für Vertriebene. Außerdem soll humanitäre Hilfe jene Menschen erreichen, die sich wegen des anhaltenden Bürgerkriegs eine neue Heimat innerhalb Syriens suchen mussten. Insgesamt ist von Beiträgen in Höhe von neun Milliarden US-Dollar die Rede. „Je mehr wir dazu beitragen, dass die Menschen in der Region bleiben können, desto weniger werden nach Europa kommen”, argumentierte der britische Premierminister David Cameron im Unterhaus.
Wie Großbritannien gehören auch die UN, Kuwait, Deutschland und Norwegen zu den Gastgebern der Konferenz. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat seine Teilnahme ebenso zugesagt wie 35 weitere Staats- und Regierungschefs, darunter die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Österreichs Kanzler Werner Faymann sowie der Schweizer Bundespräsident Johann Schneider-Ammann.
Seit fast fünf Jahren Krieg
In dem vor knapp fünf Jahren entflammten Konflikt zwischen Präsident Baschar al-Assad und diversen Oppositionsgruppen, darunter auch der Terrortruppe IS, sind bisher rund 260 000 Menschen ums Leben gekommen. 4,6 Millionen mussten vor kriegerischen Auseinandersetzungen fliehen, Hunderttausende machten sich auf den Weg nach Europa.
In London soll es in vier Plenarsitzungen um die praktische Hilfe für jene gehen, die vor den blutigen Auseinandersetzungen geflohen sind. Zum Thema Erziehung will Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai (18) das Wort ergreifen; die junge Pakistanerin war wegen ihres Eintretens für bessere Bildung von islamistischen Fanatikern niedergeschossen worden. Österreich gehört zu jenen Ländern, die ihre Spendenbereitschaft für die Schulbildung der Flüchtlingskinder signalisiert haben.
Bundeskanzlerin Merkel (CDU) leitet den Konferenzabschnitt, in dem es um die Situation innerhalb Syriens geht. Sie will sich darum bemühen, die Zahl der Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland zu verringern. Regierungssprecher Steffen Seibert kündigte an, die Bundesregierung werde „ihre finanziellen Zusagen substanziell erhöhen“. Nach Berichten der „Rheinischen Post“soll die Summe für die UNHCRFlüchtlingshilfe im laufenden Jahr um 500 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden angehoben werden. Deutschland liegt hinter den USA und Großbritan- nien auf Platz drei der Geberländer.
Der jordanische König Abdullah hat bereits die Ausweisung syrischer Flüchtlinge aus seinem überforderten Land angedroht. „Früher oder später wird der Damm brechen”, sagte Abdullah der BBC. Jordanien beherbergt 630 000 namentlich bekannte sowie Hunderttausende
illegale Flüchtlinge.
Neue Handelsverträge
Um dem angestammten Verbündeten in Amman sowie den anderen Anrainerstaaten zu helfen, will Großbritannien den Ländern großzügige Handelskonditionen in neuen Verträgen anbieten. Dies könnte zur Ankurbelung der Wirtschaft vor Ort und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze dienen, hofft man in London. Als Beispiel wird die jordanische Textilindustrie angeführt.
Im Gegenzug erhofft man sich von den Gastgeberländern größere Integrationsbemühungen für die Flüchtlinge aus Syrien. „Die Leute wollen mehr tun. Sie brauchen eine Zukunft”, argumentiert Andrew Harper, der UN-Mann in Jordanien.