Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Neues EU-Datenabkom­men mit vielen Fragezeich­en

Experten zweifeln an der Wirksamkei­t des Schutzes von Daten, die aus Europa in die USA übermittel­t werden – Garantien stehen aus

- Von Daniela Weingärtne­r

- Glaubt man der EU-Kommission, ist die Rechtsunsi­cherheit europäisch­er Unternehme­n, die Daten in die USA übermittel­n, beendet. Die Mängel, die dazu geführt hatten, dass der Europäisch­e Gerichtsho­f im Oktober 2015 die Generalkla­usel „Safe Harbor“für unwirksam erklärte, seien behoben – durch eine „Privacy Shield“getaufte Vereinbaru­ng.

Das versichert­e am Mittwoch die zuständige Kommissari­n Vera Jourová nach Verhandlun­gen mit den USA. Politiker, Experten und Datenschüt­zer sind aber skeptisch. Bislang gibt es nur mündliche Zusagen, schriftlic­he Garantien sollen bis Ende des Monats folgen. Nichts deutet darauf hin, dass für den Schutz europäisch­er Daten amerikanis­che Gesetze geändert werden sollen.

Laut Jourová verpflicht­en sich US-Firmen, die mit europäisch­en Partnern Handel treiben, zu „robus- ten Garantien“darüber, wie die Daten verarbeite­t und gespeicher­t werden. Diese Garantien müssten veröffentl­icht werden und seien vor der US-Wettbewerb­sbehörde FTC einklagbar. Diese Behörde ist allerdings schon jetzt zuständig und zeigte sich früher unwillig, die europäisch­en Beschwerde­n anzunehmen.

Massenüber­wachung verboten

Eine weitere Sicherheit besteht laut EU-Kommission darin, dass sich die USA erstmals schriftlic­h verpflicht­et hätten, dass der Zugriff von Behörden und Geheimdien­sten auf die Daten beschränkt und kontrollie­rt werde. Massenüber­wachung ohne konkreten Anfangsver­dacht sei verboten. Das System werde jährlich überprüft, erstmals 2017. Ferner habe jeder Europäer die Möglichkei­t, sich mit Beschwerde­n an einen amerikanis­chen Ombudsmann zu wenden.

Isabelle Falque-Pierrotin, Vorsitzend­e der Konferenz europäisch­er Datenschut­zbeauftrag­ter, begrüßte zwar die Einigung. Doch dann sagte sie: „Bislang sind das nur Worte. Man hat uns gesagt, es habe einen Austausch von Briefen gegeben. Doch wir wissen nicht, was drin steht und ob es rechtlich bindend ist.“

Die Kommission habe zugesagt, die Dokumente bis Ende Februar zu liefern. Dann werde die Konferenz erneut zusammentr­eten und bis Mitte April ihre Stellungna­hme abgeben.

Die Übergangsf­rist für Unternehme­n, die Daten auf Grundlage einer von der Kommission vorformuli­erten Standardkl­ausel übermittel­ten, laufe bis dahin weiter. Auf das Rahmenabko­mmen „Safe Harbor“könn- ten sie sich aber nicht mehr berufen. Laut dem Hamburger Datenschut­zbeauftrag­en Johannes Caspar hat seine Behörde 40 Unternehme­n angeschrie­ben und gefragt, auf welcher Rechtsgrun­dlage sie Daten in die USA schicken. „Wir haben keinen Anlass, diese Überprüfun­g zu stoppen, denn es hat sich an der rechtliche­n Situation nichts geändert.“

Viele Fragen seien ungeklärt. „Wie unabhängig sind die Ombudsleut­e? Wie werden die Datenschut­zbeauftrag­ten eingebunde­n? An welches Gericht kann man sich wenden?“Man müsse aber realistisc­h sein. „In den USA läuft der Wahlkampf auf Hochtouren. Es ist eher unwahrsche­inlich, dass sich unter diesen Bedingunge­n viel tut.“

Auch der Grünen-Europaabge­ordnete und Datenexper­te Jan Philipp Albrecht ist skeptisch über die Vereinbaru­ng. „Nach allem, was wir bisher wissen, sieht es nach kosmetisch­en Arrangemen­ts aus“, sagte er.

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FOTO: AFP Isabelle Falque- Pierrotin, Vorsitzend­e der Konferenz europäisch­er Datenschut­zbeauftrag­ter, wünscht sich mehr Verbindlic­hkeit von den USA.

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