Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Gratwander­ung in Saudi-Arabien

Außenminis­ter Steinmeier will trotz Kritik den Gesprächsf­aden nicht abreißen lassen

- Von Michael Fischer

(dpa) - Beim Auftakt des einzigen großen Kulturfest­s in Saudi-Arabien dürfen die Kamele nicht fehlen. Die Saudis verstehen Kamelrenne­n quasi als Kulturerbe. Diesmal sitzt ein prominente­r Deutscher auf der Tribüne: Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Das Dschanadri­ja-Fest ist ein Unikum in dem streng islamische­n Saudi-Arabien, das sonst kaum öffentlich­e Kulturvera­nstaltunge­n kennt. Das Festival kann man sich vorstellen wie eine Weltausste­llung nur für Saudi-Arabien. Jede der 13 Regionen stellt sich in einem Pavillon vor. Mehr als eine Million Besucher kommen jedes Jahr. Und seit sieben Jahren gibt es auch immer ein Gastland. China, die Türkei und Frankreich waren schon eingeladen – und jetzt Deutschlan­d.

Gegen die Teilnahme des Außenminis­ters kann eigentlich niemand etwas haben, sollte man meinen. Aber gerade erst haben die Saudis mit der Hinrichtun­g von 47 Menschen an einem einzigen Tag wieder Schlagzeil­en gemacht. Kann man mit Herrschern, die das mitzuveran­tworten haben, Feste feiern?

Die Linke-Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t spricht von einer „moralische­n Bankrotter­klärung“und einer Legitimier­ung der „saudischen Kopf-ab-Diktatur“. Ihre Kollegin Katrin Göring-Eckardt von den Grünen meint, Steinmeier suggeriere damit eine Normalität im Verhältnis zu Saudi-Arabien, wo es keine Normali- tät geben könne. Auch von prominente­n Vertretern des Koalitions­partners CDU bekam Steinmeier schon vor Wochen die Empfehlung, dem Festival fern zu bleiben.

Die Menschenre­chtssituat­ion bezeichnet Amnesty Internatio­nal als „katastroph­al“. Zur Symbolfigu­r für Repression in Saudi-Arabien ist der inhaftiert­e Blogger Raif Badawi geworden. Die Rüstungsli­eferungen an Saudi-Arabien werden vor allem dann zum Thema, wenn Unternehme­r aus diesem Bereich zur Wirtschaft­sdelegatio­n gehören. Diesmal ist Friedrich Lürßen dabei, dessen Werft gerade 15 Patrouille­nboote für Saudi-Arabien baut. Sie sollen für den Küstenschu­tz und zur Abwehr von Piraterie eingesetzt werden.

Eine Gratwander­ung sind Minister-Reisen nach Riad immer. Steinmeier kennt das schon. Für ihn ist absolut prioritär, den Gesprächsf­aden aufrecht zu erhalten. Wenn die Teilnahme an einem Kulturfest­ival dazu beitragen kann, nimmt er die Kritik gerne in Kauf.

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FOTO: DPA Frank- Walter Steinmeier ( SPD) bei der Eröffnung des Dschanadri­jaFestival­s.

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