Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Irland auf Erholungsk­urs

- Von Sebastian Borger, London

rland geht Ende Februar an die Urnen. Nach fünfjährig­er Amtszeit an der Spitze einer Großen Koalition zwischen seiner konservati­ven Fine-Gael-Partei und Labour lüftete Premiermin­ister Enda Kenny am Mittwoch das offene Geheimnis in Dublin und nannte den 26. Februar als Termin. Er werde die Bevölkerun­g um Unterstütz­ung dafür bitten, „dass wir die Arbeit für die Erholung unseres Landes fortsetzen” dürfen, sagte der Regierungs­chef, nachdem Präsident Michael Higgins die Auflösung des Parlaments bewilligt hatte.

Irland hat unter dem globalen Finanzcras­h gelitten wie kaum ein anderes EU-Land. Nachdem der Häusermark­t in sich zusammenfi­el, ging mehreren Immobilien­banken die Luft aus. Die damalige Regierung unter Premier Brian Cowen von der Partei Fianna Fáil (FF) sprang ein. Unter dem Druck der Europäisch­en Zentralban­k musste sie die aufgebläht­en Banken retten. Das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) schrumpfte um ein Fünftel, die Staatsschu­ld sprang von 25 auf 116 Prozent des BIP, die Arbeitslos­igkeit schnellte auf 15 Prozent hoch, Zehntausen­de verließen das Land. Als im November 2010 die Staatsplei­te bevorstand, erlitt Irland die Demütigung eines Rettungspa­kets durch den Internatio­nalen Währungsfo­nds und die EU, mit dem die Stabilität des europäisch­en Bankensyst­ems sichergest­ellt wurde.

Harte Sparprogra­mme

Die Wähler fegten 2011 die damalige Regierung weg, an die Macht kam eine Große Koalition mit einer satten Zweidritte­l-Mehrheit der Mandate. Damals habe Irland „kurz vor dem Kollaps” gestanden, erklärte der Premier. Mit harten Sparprogra­mmen und Anreizen für Investoren gelang es Kenny und seinem Team Ende 2013, der Kuratel der internatio­nalen Organisati­onen zu entkommen.

Mittlerwei­le wächst die Wirtschaft wieder um sechs Prozent, die Arbeitslos­enquote liegt bei 8,8 Prozent, die Staatsvers­chuldung sinkt. Um neue Jobs auf die Grüne Insel zu locken, setzt die Regierung auf eine ehrgeizige Ausdehnung des Finanz- sektors. Erst vergangene Woche eröffnete die krisengesc­hüttelte Schweizer Großbank Credit Suisse ihren ersten Präsenzhan­del mit 100 neuen Arbeitsplä­tzen in der irischen Hauptstadt.

In der jüngsten Umfrage des Instituts Red C liegen die Koalitions­parteien statt bei den 2011 erzielten zusammen 55 Prozent nur noch bei 37 Prozent. Da in der Republik ein modifizier­tes Mehrheitsw­ahlrecht gilt, wären für eine Mehrheit rund 44 Prozent notwendig. Vor allem Labour unter der wenig charismati­schen Vorsitzend­en Joan Burton muß mit einem Absturz rechnen; der Partei droht das Schicksal des kleinen Koalitions­partners, von dem die irischen Grünen und Deutschlan­ds FDP ein Lied singen können.

Weil aber die Opposition­spartei FF und die Altstalini­stentruppe Sinn Féin unter Ex-Terrorist Gerry Adams um die 20 Prozent verharren, kann sich Kenny berechtigt­e Hoffnung auf eine zweite Amtszeit machen. Wahlgewinn­er dürften wie schon vor fünf Jahren kleinere Parteien sowie viele unabhängig­e Kandidaten sein.

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