Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Bargeld-Obergrenze stößt auf Kritik
Handel und Verbraucherschützer laufen Sturm gegen Pläne der Bundesregierung
- Eine Bargeld-Obergrenze für Deutschland sorgt für Diskussionen. Die Bundesregierung erwägt ein Limit für Barzahlungen von 5000 Euro. So soll die Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung, Geldwäsche, Schwarzarbeit, Drogengeschäften und Steuerhinterziehung erleichtert werden. Es werde aber auch in Zukunft Bargeld in Deutschland geben, versichert das Bundesfinanzministerium. Priorität soll jedoch eine international-europäische Lösung haben. Wenn es dazu nicht komme, werde Deutschland eben vorangehen, heißt es aus dem Haus von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Während Opposition, Handel und Verbraucherschützer Sturm gegen die Pläne laufen, kommt aus Nordrhein-Westfalen Beifall für den Vorstoß der Bundesregierung. „Wo die Grenze liegt, darüber kann man reden. Ich habe 3000 Euro ins Gespräch gebracht“, erklärte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). „Ich finde gut, dass es in diesem Punkt Bewegung gibt. Von mir aus kann jeder sein Geld bar in den Keller legen“, so Walter-Borjans weiter. „Nur hohe Rechnungen zu begleichen, sollte an die Pflicht zur Banküberweisung gekoppelt sein.“
Was wird aus dem Bargeld in Deutschland? Kürzlich erst hatte Deutsche-Bank-Chef John Cryan er- klärt, Cash sei „fürchterlich teuer und ineffizient“und werde in den nächsten zehn Jahren verschwinden. In der Chefetage der Bundesbank hält man dagegen und macht Fragezeichen hinter die neuen Regierungspläne (siehe „Nachgefragt“).
„Absolute Kontrolle“
In der Wirtschaft, insbesondere im Handel, reagiert man mit Skepsis auf die neuen Regierungspläne. Man sehe die Überlegungen kritisch, weil davon ein negatives Signal auf die Verwendung von Bargeld ausgehen könne, heißt es beim Handelsverband Deutschland. Kritisch äußern sich auch Verbraucherschützer. „Der Einstieg in den Ausstieg vom Bargeld öffnet das Tor für eine absolute Kontrolle der Verbraucherinnen und Verbraucher“, warnt der Chef des Bundesverbandes der Verbraucher- zentralen Deutschlands, Klaus Müller. „Wer kauft wann, was, zu welchem Preis, an welchem Ort? In Zeiten von Big Data gibt es keinen besseren Datenschutz als bares Geld.“Das Recht auf anonymes Einkaufen müsse berücksichtigt werden. „Bargeld ist gelebter Datenschutz. Und der darf nicht aufs Spiel gesetzt werden“, so Deutschlands oberster Verbraucherschützer. Zurückhaltung auch bei den Banken. Wenn eine Obergrenze politisch gewollt sei, sollte dies auf europäischer Ebene geregelt werden, reagierte der Bundesverband deutscher Banken.
„Die Bezahlung mit Bargeld ist ein Stück Freiheit. Der Zwang zur Überweisung schafft die Möglichkeit der Überwachung aller Geschäfte und Transaktionen“, erklärte FDP-Chef Christian Lindner im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Der Einstieg in die Begrenzung von Bargeld ist die Vorstufe von Überwachung und Enteignung.“Es verbiete sich, unbescholtene Bürger unter Generalverdacht zu stellen: „Wir lehnen eine Begrenzung von Barzahlungen ab, denn Barzahler sind keine Verbrecher.“
Alleingang denkbar
Obergrenzen-Befürworter WalterBorjans hält dagegen. „Die Unterstellung, damit Barzahler per se zu verdächtigen, ist Unsinn, zumal die wenigsten Normalbürger Rechnungen über Tausende von Euro bar begleichen“, so der Finanzminister aus Nordrhein-Westfalen. In Brüssel gibt es derzeit offenbar keine Pläne für eine europaweite Obergrenzen-Regelung. Gut möglich, dass sich die Bundesregierung bald für einen Alleingang entscheidet.