Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Südwest-Sparkassen verdienen trotz schlechter Zinsen gutes Geld
Stabiles Ergebnis in Baden-Württemberg – Verbandschef Schneider beklagt „Regulierungsorkan“– Weniger Mitarbeiter und Filialen
- Die Sparkassen im Südwesten trotzen niedrigen Zinsen und hohen Auflagen: Baden-Württembergs Sparkassenverband vermeldet für das abgelaufene Jahr eine Bilanzsumme von 178,6 Milliarden Euro und einen verfügbaren Gewinn nach Steuern von 1,1 Milliarden Euro. Damit können die 52 Sparkassen im Land – vor der Fusion von Singen/ Radolfzell und Stockach waren es noch 53 – das gute Ergebnis von 2014 fast halten. „Wir sind mit 2015 zufrieden“, sagte Verbandspräsident Peter Schneider am Mittwoch in Stuttgart.
Dabei seien die Rahmenbedingungen schwierig, erklärte Schneider. Die anhaltende Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank belaste nicht nur die Banken, sondern werde auf Dauer auch dramatische Folgen für die Bevölkerung haben, glaubt Schneider: Denn während die Zinslast öffentlicher Haus- halte und privater Schuldner sinkt, trocknen die Erträge von Rentenversicherern, Bausparkassen und Stiftungen aus. Bisher könne sich der Sparkassenverband trotz Zinskrise gut halten, aber nicht von dem aus Schneiders Sicht gefährlichen Trend abkoppeln. „In diesem Zug sitzen wir gepolstert. Aber wir sitzen drin“, sagte Schneider.
Das Gute am Zinsnotstand: Die Leute haben Geld, das dringend irgendwohin muss: Die Privatkunden erhöhten ihre Einlagen bei den Sparkassen um 2,9 Prozent auf 92 Milliarden Euro, der Umsatz mit Wertpapieren zog deutlich an. Die ausgegebenen Immobilienkredite stiegen mit 56,3 Milliarden Euro auf ein Allzeithoch. Und auch die Unternehmen investieren Schneider zufolge fleißig. Von einer Zurückhaltung merkt er nichts – die Firmen lösen Rücklagen auf und nehmen Kredite auf: Der Bestand wuchs um 4,4 Prozent auf 52,5 Milliarden Euro.
Während die Wirtschaft brummt, vermiest vor allem die europäische Politik den Sparkassen das Geschäft: Der „Regulierungsorkan“der Bankenaufseher führe zur Mehrkosten in Milliardenhöhe. Das belaste die Institute über die Maßen, warnt Schneider. Vor allem die Regulierung bei der Vergabe von Immobilien- und Kleinkrediten ufere immer weiter aus und belaste Sparkassen und Kunden.
Angriff auf Paypal im April
Entsprechend steige der Aufwand im Verbund: 2,81 Milliarden Euro betrug er im vergangenen Jahr, 2014 waren es noch 2,73 Milliarden. Jede Behörde „reguliere vor sich hin, aber keiner zählt alles zusammen“, beklagte Schneider. Und das binde Personal: „Wir haben mittlerweile Beauftragte für die unglaublichsten Dinge.“
Zudem droht aus der EU-Kommission eine neue gemeinsame Einlagensicherung, die nach Ansicht der Sparkassen zur deutschen Haftung für marode Kredite in Südeuropa führt.
Die Probleme sind groß. Und das, obwohl die Sparkassen weiter an Personal und Infrastruktur sparen: Die Zahl der Filialen im Südwesten sank 2015 um 76 von 2003 auf 1927, der Personalbestand von 35 811 auf 34 935. Gleichzeitig setzt der Verband auf Digitalisierung: Im April soll der Online-Bezahldienst „Paydirekt“starten – der Konkurrent des Platzhirschs „Paypal“soll vor allem mit Datenschutz verlorene Marktanteile zurückerobern.
Es gibt also viele Baustellen für Schneider: Das Drama um die „Scala“-Sparverträge der Ulmer Sparkasse ist da zwar ärgerlich, aber nicht bedrohlich. Bei den Nachbarsparkassen habe kein Kunde wegen Scala gekündigt, sagt Schneider. Und auch das betroffene Institut werde Scala verkraften: „Das wirft Ulm nicht um“, sagte Schneider.