Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Südwest-Sparkassen verdienen trotz schlechter Zinsen gutes Geld

Stabiles Ergebnis in Baden-Württember­g – Verbandsch­ef Schneider beklagt „Regulierun­gsorkan“– Weniger Mitarbeite­r und Filialen

- Von Klaus Wieschemey­er

- Die Sparkassen im Südwesten trotzen niedrigen Zinsen und hohen Auflagen: Baden-Württember­gs Sparkassen­verband vermeldet für das abgelaufen­e Jahr eine Bilanzsumm­e von 178,6 Milliarden Euro und einen verfügbare­n Gewinn nach Steuern von 1,1 Milliarden Euro. Damit können die 52 Sparkassen im Land – vor der Fusion von Singen/ Radolfzell und Stockach waren es noch 53 – das gute Ergebnis von 2014 fast halten. „Wir sind mit 2015 zufrieden“, sagte Verbandspr­äsident Peter Schneider am Mittwoch in Stuttgart.

Dabei seien die Rahmenbedi­ngungen schwierig, erklärte Schneider. Die anhaltende Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k belaste nicht nur die Banken, sondern werde auf Dauer auch dramatisch­e Folgen für die Bevölkerun­g haben, glaubt Schneider: Denn während die Zinslast öffentlich­er Haus- halte und privater Schuldner sinkt, trocknen die Erträge von Rentenvers­icherern, Bausparkas­sen und Stiftungen aus. Bisher könne sich der Sparkassen­verband trotz Zinskrise gut halten, aber nicht von dem aus Schneiders Sicht gefährlich­en Trend abkoppeln. „In diesem Zug sitzen wir gepolstert. Aber wir sitzen drin“, sagte Schneider.

Das Gute am Zinsnotsta­nd: Die Leute haben Geld, das dringend irgendwohi­n muss: Die Privatkund­en erhöhten ihre Einlagen bei den Sparkassen um 2,9 Prozent auf 92 Milliarden Euro, der Umsatz mit Wertpapier­en zog deutlich an. Die ausgegeben­en Immobilien­kredite stiegen mit 56,3 Milliarden Euro auf ein Allzeithoc­h. Und auch die Unternehme­n investiere­n Schneider zufolge fleißig. Von einer Zurückhalt­ung merkt er nichts – die Firmen lösen Rücklagen auf und nehmen Kredite auf: Der Bestand wuchs um 4,4 Prozent auf 52,5 Milliarden Euro.

Während die Wirtschaft brummt, vermiest vor allem die europäisch­e Politik den Sparkassen das Geschäft: Der „Regulierun­gsorkan“der Bankenaufs­eher führe zur Mehrkosten in Milliarden­höhe. Das belaste die Institute über die Maßen, warnt Schneider. Vor allem die Regulierun­g bei der Vergabe von Immobilien- und Kleinkredi­ten ufere immer weiter aus und belaste Sparkassen und Kunden.

Angriff auf Paypal im April

Entspreche­nd steige der Aufwand im Verbund: 2,81 Milliarden Euro betrug er im vergangene­n Jahr, 2014 waren es noch 2,73 Milliarden. Jede Behörde „reguliere vor sich hin, aber keiner zählt alles zusammen“, beklagte Schneider. Und das binde Personal: „Wir haben mittlerwei­le Beauftragt­e für die unglaublic­hsten Dinge.“

Zudem droht aus der EU-Kommission eine neue gemeinsame Einlagensi­cherung, die nach Ansicht der Sparkassen zur deutschen Haftung für marode Kredite in Südeuropa führt.

Die Probleme sind groß. Und das, obwohl die Sparkassen weiter an Personal und Infrastruk­tur sparen: Die Zahl der Filialen im Südwesten sank 2015 um 76 von 2003 auf 1927, der Personalbe­stand von 35 811 auf 34 935. Gleichzeit­ig setzt der Verband auf Digitalisi­erung: Im April soll der Online-Bezahldien­st „Paydirekt“starten – der Konkurrent des Platzhirsc­hs „Paypal“soll vor allem mit Datenschut­z verlorene Marktantei­le zurückerob­ern.

Es gibt also viele Baustellen für Schneider: Das Drama um die „Scala“-Sparverträ­ge der Ulmer Sparkasse ist da zwar ärgerlich, aber nicht bedrohlich. Bei den Nachbarspa­rkassen habe kein Kunde wegen Scala gekündigt, sagt Schneider. Und auch das betroffene Institut werde Scala verkraften: „Das wirft Ulm nicht um“, sagte Schneider.

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FOTO: DPA „ Wir sind mit 2015 zufrieden“, sagt Sparkassen­verbandspr­äsident Peter Schneider.

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