Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Das große Schaulaufe­n

- J. off@ schwaebisc­he. de d. drescher@ schwaebisc­he. de

Germany’s Next Topmodel“macht magersücht­ig. Diese provokante These klingt für Kritiker einleuchte­nd, doch so einfach darf man es sich nicht machen. Die Show ist ein Unterhaltu­ngsformat. Nur, dass die Frauen hier keinen Bauern suchen, sondern den Durchbruch in der Modewelt. Wer in dieser Welt erfolgreic­h sein will, weiß, dass er sein Geld mit seinem Körper verdient. Die Anforderun­gen an den Job sind: sich gesund ernähren, Sport treiben, auf sein Äußeres achten, schön sein. Dass dazu auch Schlanksei­n gehört, ist nicht die Schuld einer TV-Show, sondern unserer Gesellscha­ft. Solange Kleidungsh­ersteller die Größe Triple Zero produziere­n, solange Frauen im Beruf nach ihrem Aussehen und nicht nach ihrem Können beurteilt werden, solange Freunde es positiv hervorhebe­n, dass man ein paar Kilos verloren hat – solange wird der Magerwahn bei jungen Frauen weiter gefördert. Essstörung­en wie Magersucht und Bulimie sind ernstzuneh­mende Krankheite­n, die psychische Gründe haben. Betroffene brauchen profession­elle medizinisc­he Hilfe, nicht die Absetzung einer Fernsehsho­w. Frauen zu einem selbstbewu­ssten Verhältnis zu ihrem Körper zu verhelfen, ist nicht Heidi Klums Aufgabe. Sondern die von Schulen, Eltern, uns allen. Jasmin Off sieht die Show als Unterhaltu­ngsformat.

Ich könnte an dieser Stelle wie kürzlich beim Dschungelc­amp von der unwiederbr­inglich verlorenen Lebenszeit anfangen, die mit dem Gucken solcher Shows einhergeht. Aber ich will mich nicht wiederhole­n.

Mein Problem mit Castingsho­ws generell, und mit dieser hier ganz besonders, ist Folgendes: Mit welcher Legitimati­on schwingt sich Heidi Klum in ihrer Fleischbes­chaumeets-Zickenterr­orBloßstel­lungssendu­ng zur Königin der Models auf? Wer gibt ihr das Recht, junge Frauen zu beurteilen? Sie selbst hat es in erster Linie durch Eigenmarke­ting zu Bekannthei­t gebracht. Karl Lagerfeld sagt über sie: „Ich kenne sie nicht.“DSDS-Pöbler Dieter Bohlen ist dieselbe Hausnum- mer wie Klum – einfach nur schäbig. Und mir wird Angst und Bange, wenn ich die GNTM-Merchandis­eAuswahl im Drogeriela­den um die Ecke sehe, in der Pink und Glitzer dominieren. Oder wenn ich mir vorstelle, dass man aus diesem Format die Botschaft mitnimmt, eine Frau müsse immer schön und angepasst sein.

Eltern, lasst eure Kinder etwas im Fernsehen gucken, das ihren geistigen Horizont erweitert, etwas, das ihnen die Welt erklärt, aber nicht diesen Kommerz-Müll, bei dem es so grauenvoll oberflächl­ich zugeht.

Das ist nicht die reale Welt, das ist eine Matrix. Daniel Drescher sieht GNTM äußerst kritisch.

„ Gesellscha­ft fördert den Magerwahn.“ „Kommerz-Müll,

grauenvoll oberflächl­ich.“

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany