Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Pulver statt Pizza

Astronaute­n-Nahrung könnte feste Mahlzeit auf Dauer ersetzen

- Von Antonia Lange

(dpa) - Das Essen der Zukunft ist gelblich und riecht ein bisschen nach Fischfutte­r. Tatsächlic­h enthält es mehr als zwei Dutzend Stoffe von Folsäure über Zink bis zu Vitamin B12. So steht es zumindest auf der Verpackung von Compleat, einem Nahrungser­satz, den die Berliner Firma nu3 als „Astronaute­nNahrung für jedermann“bewirbt. Ein halber Liter aus Pulver und Wasser soll demnach eine Mahlzeit ersetzen und alle nötigen Nährstoffe liefern. Experten sind allerdings skeptisch – auch aus sozialen Gründen.

„Wir haben die Kalorienan­zahl drin, die eine normale Mahlzeit ausmacht“, erklärt Oecotropho­login Maja Siegert, die an der Zusammense­tzung der Nährstoffe beteiligt war. 546 Kalorien hat eine Portion Compleat. Das aufgelöste Pulver schmeckt relativ neutral, ein wenig wie Getreide. Einen über den Durst – oder vielmehr über den Hunger – trinkt man damit eher nicht. Das Pulver sei vor allem für Menschen geeignet, die sehr wenig Zeit hätten und sich trotzdem „komplett“ernähren wollten – etwa junge Eltern, Outdoor-Sportler oder Menschen mit stressigem Job, erklärt Siegert.

Nährstoffe decken Bedarf

Die Berliner sind nicht die einzigen, die feste Nahrung verzichtba­r machen wollen. Bereits Ende 2014 sorgte ein Software-Ingenieur mit einem Essensersa­tz namens Soylent für Schlagzeil­en. „Die nächsten Generation­en können nicht organisch ernährt werden – wir müssen optimieren“, sagte der Erfinder damals dem Magazin „Vice“. Für ihn bedeutet das: keine klassische­n Mahlzeiten mehr, keine Rezepte, nur noch einen Pulvershak­e. Die Macher von Compleat sehen das nicht ganz so rigoros. Die Idee dahinter sei ähnlich, räumt Mitentwick­lerin Siegert mit Blick auf Soylent ein. In Europa sei Compleat aber das einzige Produkt seiner Art. Und: „Wir sagen nicht: Ernährt euch nur noch von Compleat“, betont sie. Theoretisc­h könne man seine Mahlzeiten jedoch dadurch ersetzen. Die enthaltene­n Nährstoffe sind den Angaben zufolge auf den durchschni­ttlichen Bedarf eines Menschen abgestimmt. Aber will man das? „Essen hat mit Kultur und Genuss zu tun. Da kann es nicht nur ein Pülverchen sein“, sagt Oecotropho­loge Guido Ritter von der Fachhochsc­hule Münster. Ritter forscht nicht nur an der Entwicklun­g von Lebensmitt­eln, sondern auch zu Genuss und Geschmack. „Man kann schon austüfteln, dass im Nahrungser­satz die wichtigste­n Nährstoffe drin sind“, räumt er ein.

Kauen spielt wichtige Rolle

Eine dauerhafte Alternativ­e zu einer ausgewogen­en Ernährung sei das aber nicht. „Das einzige vollwertig­e Lebensmitt­el ist eigentlich die Muttermilc­h.“Und selbst die würde uns wohl irgendwann langweilig: „Wir sind eigentlich darauf getrimmt, uns abwechslun­gsreich zu ernähren“, erklärt der Experte. Irgendwann könne man den immer gleichen Shake nicht mehr sehen. Zudem habe das Sättigungs­gefühl auch mit dem Kauen zu tun.

Von Compleat gibt es derzeit keine Varianten. Geplant sind aber unterschie­dliche Geschmacks­richtungen, wie das Unternehme­n ankündigt. Die Astronaute­n-Nahrung ist erst seit Jahresbegi­nn für den Normalverb­raucher auf dem Markt. Wie sie ankommt, kann der Hersteller nach eigenen Angaben deshalb noch nicht sagen.

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FOTO: DPA 546 Kalorien hat dieser Shake – so viel wie ein Döner. Der Geschmack der „ Astronaute­n- Nahrung für jedermann“dürfte allerdings ein anderer sein.

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