Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Abhaken, was passiert ist
Für Australian-Open-Siegerin Angelique Kerber heißt die nächste Herausforderung Fed Cup – Spagat gegen die Schweiz
(dpa/SID) - Die Aufregung um die neue deutsche Tennisheldin Angelique Kerber hat Bundestrainerin Barbara Rittner zu mahnenden Worten veranlasst: Alle Euphorie über den Australian-Open-Sieg der Kielerin dürfe die Konzentration auf das schwierige Fed-Cup-Duell am Wochenende in Leipzig mit der Schweiz nicht verringern. „Wir müssen dieses wahnsinnig tolle Ereignis abhaken“, forderte Rittner. „Es wird entscheidend sein, dass wir alles, was passiert ist, hinter uns lassen.“Denn nur wenige Tage nach Kerbers Triumph soll der erste Schritt zu einer weiteren Erfolgsgeschichte gelingen. Die erste Grand-Slam-Siegerin seit Steffi Graf soll die deutsche Auswahl trotz aller Strapazen der vergangenen Wochen ins Halbfinale führen.
Am Mittwoch war die Stimmung gelöst, der Rummel um Kerber brachte auch ihre Teamkolleginnen zum Lachen. „Man sollte solche Ereignisse genießen“, sagte Andrea Petkovic und meinte mit einem Schmunzeln: „Dass wir jetzt eine volle ,Pre-Draw Press Conference‘ haben, das hatten wir auch noch nie, glaube ich. Sonst stehen da zwei Leute, und wir machen es auf dem Klo.“
Angelique Kerber stand – naturgemäß – den rund 80 Journalisten länger Rede und Antwort. Der Deutsche Tennis-Bund hatte eigens für sie eine zusätzliche Presserunde angesetzt. Das Lächeln der Sensationssiegerin trug die Kielerin noch im Gesicht. Sie wirkte aber auch etwas müde. Ihre Teamkolleginnen rechne(te)n es ihr hoch an, dass sie nur zwei Tage nach der Rückkehr aus Melbourne die Vorbereitung aufnahm. Neben Petkovic sind auch Australian-Open-Achtelfinalistin Annika Beck, Doppel-Spezialistin Anna-Lena Grönefeld und Ersatzfrau Anna-Lena Friedsam dabei.
Kerber hatte nur kurz bei ihrer Familie in Polen verschnauft. Ruhigere Tage gönnt sie sich erst nach dem Fed Cup. Ihre Endspielgegnerin von Melbourne, Serena Williams, steht indes nicht im Aufgebot der US-Auswahl für deren Partie in der Weltgruppe II.
Eine Absage kam für Angelique Kerber aber nicht infrage. „Ehrlich gesagt, nein“, so die 28-Jährige. „Es war von vornherein klar, dass ich hierher komme.“Körperlich fühle sie sich gut, erklärte sie, schränkte aber ein: „Natürlich merkt man, dass es ein bisschen anstrengend ist.“Bundestrainerin Rittner bezeichnete es denn auch als Spagat, mit dem Rummel umzugehen und gleichzeitig die sportliche Herausforderung zu meistern.
Großer Respekt vor Hingis & Co.
Die Schweiz will gleich zum Auftakt den deutschen Traum vom ersten Fed-Cup-Finale seit 1992 zerstören. Der Gast tritt mit der einstigen GrafRivalin und früheren Weltranglistenersten Martina Hingis an, die für das Doppel vorgesehen ist. Zudem sind die Top-15-Profis Belinda Bencic und Timea Bacsinszky nominiert, Viktorija Golubic komplettiert das Team. „Wir haben sicherlich großen Res- pekt vor der Schweiz“, sagte Babara Rittner. „Ich glaube, dass jedes Match offen ist. Tagesform und Teamgeist werden entscheiden.“
Zu ihrer Aufstellung wollte sich Rittner noch nicht äußern. Spätestens am Freitag bei der Auslosung wird Klarheit herrschen. Kerber dürfte eine entscheidende Rolle zukommen. Angst vor den gestiegenen Erwartungen hat die Nummer 2 der Welt nicht: „Ich versuche jetzt, den Druck gar nicht an mich rankommen zu lassen.“Hohe Ziele setzt sie sich ohnehin bereits selbst. Der Weltranglistenersten Serena Williams will sie die Position als Dominatorin der Branche streitig machen. Zudem freut sie sich auf ihre zweiten Olympischen Spiele: „Das war immer so mein Kindheitstraum.“
„Ich glaube, dass Deutschland jetzt wieder wach geworden ist“, sagte Angelique Kerber noch – kurz bevor sie zum Training verschwand. Ach – und: Nach ihrem Grand-Slam-Erfolg zeigt der TV-Sender Sat.1 den Auftakttag der Fed-Cup-Partie mit den ersten beiden Einzeln – anders als zunächst vorgesehen – in seinem Hauptkanal. Am Sonntag ist der zweite Wettkampftag wie geplant komplett auf Sat.1 Gold zu sehen.