Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der Mann mit der Fußfessel lässt Leicester träumen
Stürmer Jamie Vardy, der mit 24 noch in der achten Liga kickte, besiegt Liverpool mit zwei Toren im Alleingang
(dpa/sz) - Traumtore, Titelträume und Torschützenkönig – Englands Fußball-Nationalstürmer Jamie Vardy erlebt mit Leicester City eine märchenhafte Saison. Auch Jürgen Klopp räumte nach der 0:2-Niederlage mit dem FC Liverpool am Dienstagabend ein: „Er hat heute den Unterschied gemacht.“Mit einem Doppelpack erledigte der derzeit beste Torjäger der Premier League, der vor einigen Jahren noch mit einer Fußfessel kickte, den Rivalen und bescherte Überraschungsteam Leicester den Verbleib an der Tabellenspitze.
Vor den Augen von Nationaltrainer Roy Hodgson zeigte Vardy eine Weltklasse-Leistung. Seine Chancen auf die EM-Teilnahme im Sommer dürften nach seinen Saisontreffern 17 und 18 nicht geringer geworden sein. In Kürze wird der Stürmer seinen Vertrag bis 2019 verlängern – angeblich zu verdoppelten Bezügen. „Ich möchte gerne für eine lange Zeit hierbleiben“, erklärte der 29-Jährige nach dem Match. „Vardy verdient jeden Penny seines neuen Vertrags, wenn er ihn unterschreibt“, lobte „The Sun“den neuen Star.
Vardys Marktwert liegt mittlerweile jenseits der 20 Millionen Euro. Leicester lehnte im Winter jegliche Abwerbeversuche für sein Sturm-Phänomen kategorisch ab. Vardy kam 2012 für 1,3 Millionen Euro von Fleetwood Town zum damaligen Zweitligisten. Zuvor kickte er noch bis 2010 beim Achtligisten Stocksbridge. Damals musste der Spätstarter aufgrund einer Verurteilung nach einer Kneipenschlägerei ein halbes Jahr mit einer elektronischen Fußfessel spielen. Bis 18 Uhr stand Vardy in dieser Zeit zur Verfügung. Danach war Schluss, sonst verstieß er gegen Bewährungsauflagen. „Ich habe gehofft, dass wir gewinnen, und bin dann über den Zaun gesprungen. Dort haben mich meine Eltern abgeholt, damit ich wieder rechtzeitig zu Hause war“, berichtete Vardy.
Heute schießt Vardy in der Premier League Tore am Fließband, als erster Spieler traf er in elf Ligaspielen nacheinander. Gegen Liverpool glückte ihm ein Treffer der besonderen Sorte. Einen langen Pass von Riyad Mahrez ließ er einmal auf dem Boden auftropfen und wuchtete den Ball über den chancenlosen Liverpool-Keeper Simon Mignolet aus 27 Metern ins Netz. „Tor des Jahrzehnts“, schwärmte Ex-Nationalstürmer Gary Lineker, Klopp meinte: „Es war schön, im Stadion zu sein, während Jamie Vardy das Tor des Monats schoss. In einer idealen Welt wärst du nur nicht Trainer des Gegners.“Sondern Claudio Ranieri, der ebenfalls schwärmte: „Er sah, wie der Keeper vor dem Tor stand und schoss. Es war erstaunlich, unglaublich, fantastisch.“Vardy selbst meinte: „Ich werde nie mehr ein besseres Tor erzielen.“
Spitzenspiel am Samstag
Leicester steht mit dem wieder einmal umsichtigen Abwehrchef Robert Huth nach 24 Spieltagen mit 50 Punkten an der Spitze. Am Samstag müssen die Foxes zum Gipfel bei Manchester City (47) antreten, am 14. Februar folgt das Spiel beim Vierten FC Arsenal (45). „Am Valentinstag wird Leicester wissen, wie ernsthaft die Titel-Romanze ist“, schrieb die „Times“. Für Vardy geht das Märchen wohl so oder so weiter, mit weiteren Toren kann er es noch schöner machen.