Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Flüchtling­sbundesamt will nachbesser­n

Derzeit 370 000 unerledigt­e Asyl-Anträge – 2000 Entscheidu­ngen täglich – Ziel Mitte 2016: 6300 Mitarbeite­r

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(dpa/epd) - Bis zu 10 000 junge Flüchtling­e sollen in den nächsten beiden Jahren mit einem Qualifizie­rungsprogr­amm für eine Ausbildung im Handwerk fit gemacht werden. Bildungsmi­nisterin Johanna Wanka (CDU) sagte am Freitag, die Regierung stelle dafür 20 Millionen Euro zur Verfügung.

Handwerksp­räsident Hans Peter Wollseifer betonte, trotz 17 000 offener Stellen in den Betrieben im Vorjahr gehe es um qualifizie­rte Bewerber unter den Flüchtling­en: „Wir brauchen keine Schubkarre­nschieber, wir brauchen Fachkräfte.“Bundesrats­präsident Stanislaw Tillich (CDU) hat sich für mehr Flexibilit­ät bei der Anerkennun­g von Abschlüsse­n von Flüchtling­en ausgesproc­hen. Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagen­tur für Arbeit, sagte, wichtig sei eine rasche Feststellu­ng dieses Status, denn: „Wer nicht anerkannt ist, wird nicht eingestell­t.“

- Frank-Jürgen Weise verspricht Verbesseru­ng. Der Chef des Flüchtling­sbundesamt­es (Bamf) will die Asylverfah­ren in diesem Jahr weiter beschleuni­gen und trotz steigender Flüchtling­szahlen den Antragssta­u abbauen. Rasmus Buchsteine­r beantworte­t die wichtigste­n Fragen zu den Plänen des Flüchtling­sbundesamt zur Beschleuni­gung der Verfahren.

Wie viele unerledigt­e Asyl-Anträge stapeln sich beim Flüchtling­sbundesamt?

Behördench­ef Weise geht von aktuell bis zu 770 000 offenen Asyl-Fällen aus. Die Zahl der noch unerledigt­en Anträge liegt nach seinen Angaben bei rund 370 000. Darüber hinaus wird von bis zu 400 000 Menschen ausgegange­n, die nach Deutschlan­d eingereist sind, aber bislang keinen Asylantrag gestellt haben.

Wird sich der Antragssta­u weiter vergrößern?

Davon ist auszugehen. Eine Million Anträge könnten in diesem Jahr mit dem vorhandene­n Personal entschiede­n werden. Wenn es mehr würden, müsse das Personal weiter aufgestock­t werden oder es entstehe wieder ein Antragssta­u. Um eine Million Asyl-Anträge zu bewältigen, müssten jedoch täglich 6000 Entscheidu­ngen getroffen werden. Derzeit seien es 2000 pro Tag, rechnet Bamf-Chef Weise vor. Zum Vergleich: Im Januar 2015 waren es noch 600 Entscheidu­ngen täglich.

Hat sich beim Flüchtling­sbundesamt denn nichts verbessert?

Doch. Die neue Behördenle­itung hat eine grundlegen­de Strukturre­form eingeleite­t, die kürzere Verfahren gewährleis­ten soll. Der neue Flüchtling­sausweis ermöglicht schnellen Datenausta­usch mit anderen Behörden. In diesem Jahr sollen bundesweit rund 20 Ankunftsze­ntren eröffnet werden, in denen über vergleichs­weise einfache Fälle entschiede­n wird.

Wie viel Mitarbeite­r hat das Flüchtling­sbundesamt?

Das Personal beim BAMF ist massiv aufgestock­t worden – auf inzwischen 3500. Mitte des Jahres sollen es 6300 sein. Zusätzlich stehen 1000 befristet abgeordnet­e Mitarbeite­r anderer Behörden zur Verfügung. Die Zahl der „Entscheide­r“soll laut Bamf-Planung bis Ende März von 1000 auf 1700 erhöht werden.

Wie will Behördench­ef Weise die Verfahren beschleuni­gen?

In den neuen Ankunftsze­ntren, die bereits in Heidelberg, Bamberg und Bad Fallingbos­tel erprobt worden sind, soll es künftig Turbo-Verfahren geben – mit Entscheidu­ngen möglichst innerhalb von 48 Stunden. Erst bei einem positiven Votum werden die Flüchtling­e aufgeteilt auf die Kommunen, ansonsten abgeschobe­n. Über komplizier­tere Asyl-Fälle soll in sogenannte­n Entscheidu­ngszentren befunden werden.

Werden Integratio­ns- Sprachkurs­e ausgeweite­t?

und

Der Bedarf ist weiter größer als das Angebot. Asylbewerb­er mit guter Bleibepers­pektive dürfen inzwischen schon während des laufenden Verfahrens an den Kursen teilnehmen. In diesem Jahr rechnet das Bamf mit 430 000 potenziell­en Integratio­nskursteil­nehmern. In der berufsbezo­genen Sprachförd­erung wird mit einem Bedarf von 100 000 Plätzen gerechnet. Dafür stehen 900 Millionen Euro zur Verfügung.

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