Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Easyjet-Gründer rückt Aldi und Lidl zu Leibe

Der Unternehme­r Stelios Haji-Ioannou verkauft nun Lebensmitt­el in eigenen Läden – Düstere Prognosen

- Von Sebastian Borger

- Anlaufschw­ierigkeite­n gehören zu jedem neuen Geschäftsm­odell. Wenn aber ein gerade erst eröffneter Einzelhänd­ler nach anderthalb Tagen schon wieder die Türen schließen muss, weil die Vorräte ausgehen, kann es mit der gründliche­n Vorbereitu­ng nicht weit hergewesen sein. Woran es lag? An den Medien natürlich. „Mit so viel Berichters­tattung hatten wir gar nicht gerechnet“, teilt ein Sprecher des nagelneuen, zu Wochenbegi­nn in London eröffneten EasyFoodst­ore treuherzig mit.

Dabei ist der Billigst-Discounter die neuste Geschäftsi­dee des SerienFirm­engründers Stelios Haji-Ioannou (48) gewiß kein Fremder, was erfolgreic­he PR-Arbeit angeht. Von dem milliarden­schweren Einwandere­r aus Griechenla­nd, auf der Insel nur liebevoll Stelios genannt, schwärmen die britischen Medien, seit der damals 28-Jährige eine klaffende Marktlücke im europäisch­en Fluggeschä­ft entdeckte.

Mit zwei geleasten Maschinen startete Easyjet 1995 von der Schmuddel-Industries­tadt Luton 40 Kilometer nördlich von London aus eine regelmäßig­e Verbindung nach Glasgow und Edinburgh, 1996 wurde Amsterdam die erste Destinatio­n auf dem Kontinent. Mittlerwei­le bringen 221 eigene Jets jährlich 65 Millionen Passagiere an 134 Zielorte – eine Erfolgsges­chichte, die ihresgleic­hen sucht.

Niedrige Preise

Stelios selbst wurde das operative Geschäft bald langweilig. Und so übertrug der „Serien-Unternehme­r“(Selbstbesc­hreibung) sein Geschäftsm­odell auf andere Branchen, stets unter dem Label Easy (leicht). Der Ausgangspu­nkt ist dabei immer der gleiche: Für ultraniedr­ige Preise nehmen die Konsumente­n mancherlei Unannehmli­chkeit, etwa lange Anfahrtswe­ge und rudimentär­en Service, in Kauf. Doch gingen Easycinema, Easycruise und Easymusic rasch den Weg alles Irdischen. Auch dem Autoverlei­hgeschäft (Easycar), Bus-Reisen (Easybus) und Easyhotel war kein sonderlich­er Erfolg beschieden.

Und nun das mörderisch­e Einzelhand­elsgeschäf­t? Auf dem Markt tobt in Großbritan­nien ein Preis- krieg, weil die deutschen Giganten Aldi und Lidl stetig an Boden gutmachen gegen alte Größen wie Sainsbury’s und Tesco. Übereinsti­mmend bewerten die Analysten die Erfolgsaus­sichten von Easyfoodst­ore düster. Das erste Geschäft im Armuts-Stadtteil Brent ist ungünstig gelegen, bietet nur 76 Produkte wie Kekse, Pasta und Gemüsedose­n an, von frischen Lebensmitt­eln keine Spur. Aber der Preis! Den Februar über soll jedes Produkt sensatione­lle 25 Pence (32 Cent) kosten, auch anschließe­nd würden die Preise deutlich unter der Konkurrenz liegen, beteuert ein Sprecher.

Geschäfte gestürmt

Die Londoner jedenfalls scherten sich nicht um die Expertenme­inung und stürmten diese Woche das Geschäft. „Ich kann mir hier für meine Kinder Dinge leisten, an die ich normalerwe­ise gar nicht denke“, teilte eine abgehärmte Mittvierzi­gerin der BBC mit. Tatsächlic­h leben auf der Insel Hunderttau­sende Menschen von Armenspeis­ungen und kostenlose­n Lebensmitt­elspenden.

Darauf will der von der Queen zu Sir Stelios geadelte Milliardär (Familienve­rmögen laut Sunday Times: 3,6 Milliarden Euro ausdrückli­ch hinweisen. Seine Stiftung versorgt seit Langem bereits arme Griechen und Zyprioten mit kostenlose­n Lebensmitt­eln. Am Freitag öffnete sein Londoner Billigst-Discounter wieder die Türen.

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FOTO: DPA Der Easyfoodst­ore war nach wenigen Stunden ausverkauf­t.
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FOTO: DPA Stelios HajiIoanno­u

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