Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Preußens grüne Kunstwerke
2016 ist im Großraum Berlin „Lenné-Jahr“: Vor 150 Jahren starb der Gartenarchitekt
(epd) - Er war ein Doppeltalent: Planer und Organisator, gleichzeitig Künstler und Zeichner. Peter Joseph Lenné (1789 – 1866), der am 23. Januar vor 150 Jahren in Potsdam gestorben ist, zählt zu den renommiertesten deutschen Gartengestaltern. „Lenné hat die Gartenkunst als Teil der bildenden Künste verstanden“, sagt Michael Rohde, der als Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten ei- nen großen Teil des Erbes des Landschaftsarchitekten betreut.
Weit mehr als 100 Garten- und Parkanlagen hat Lenné im Stil englischer Landschaftsgärten mit charakteristischen Sichtachsen geplant. Den Park von Schloss Sanssouci hat er umgestaltet und erweitert, die Pfaueninsel in der Havel, den Berliner Tiergarten, den Klosterbergegarten in Magdeburg.
Der Gartenplaner hat auch den Kurpark in Bad Homburg entworfen und die Roseninsel im Starnberger See. Seine Werke sind sein Erbe: „Lenné war so gefragt, dass er es nicht geschafft hat, ein Lehrbuch zu schreiben“, sagt Rohde.
Schon durch die schiere Masse seiner Aufträge unterschied sich Lenné von den großen Gartenkünstlern seiner Zeit wie Friedrich Ludwig Sckell in München und Hermann Fürst von Pückler-Muskau. Sckell habe den klassischen Landschaftspark mit Bäumen, Wiesentälern und Wasserflächen bevorzugt, auch Pückler sei noch der weitläufigen Landschaft verpflichtet gewesen, erläutert Rohde. Lenné dagegen habe die historistischen Tendenzen seiner Zeit aufgenommen und Blumenornamente und geometrische Beete in den Landschaftsgarten integriert.
Manager und Karrieremacher
Gartenhistoriker Clemens Alexander Wimmer, der zum Jubiläum eine Lenné-Biografie vorgelegt hat, sieht ihn nüchtern. Er hält Lenné eher für einen Manager und Karrieremacher als für einen Künstler: „Er war von seiner Familie her zum Aufstieg gedrillt. Die Gartenkunst war nicht sein Herzensanliegen.“Wimmer spricht von „Legendenbildung“, die Lenné mit seiner Selbststilisierung gefördert habe.
Lenné entstammte einer rheinländischen Gärtnerfamilie. Im Gärtnerhaus am Kurfürstlichen Schloss in Bonn wurde er am 29. September 1789 als Sohn des leitenden Hofgärtners Peter Joseph Lenné des Älteren geboren. Die Familie Le Neu stammte aus der Gegend von Lüttich und war 1665 ins Rheinland gekommen. Seit 1699 nannte sie sich Lenné.
Schon als Gymnasiast erhielt der jüngere Lenné Unterricht in Botanik. Nach der Schule ging er bei einem Onkel in die Gärtnerlehre, bevor ihn sein Vater auf Studienreisen schickte. Bei den Brüdern André und Gabriel Thouin in Paris lernte er exotische Pflanzen und die geschwungene Wegeführung der Landschaftsgärten kennen. Die Engländer Humphry und John Adey Repton brachten ihm die Kunst nahe, formale Elemente wieder in den Landschaftsgarten einzubeziehen.
Im Februar 1816 begann Lenné seine Karriere als Gehilfe in den könig- lichen Gartenanlagen zu Potsdam. Schon im Mai erhielt er eine feste Stelle. Noch im selben Jahr begann er, das Grundstück von Staatskanzler Karl August Fürst von Hardenberg im heutigen Klein-Glienicke zu einem sogenannten „Pleasureground“– einem Verbindungsglied zwischen hausnahem Garten und Park – und einem Landschaftspark umzugestalten.
Das war vor 200 Jahren – noch ein Jubiläum also, das die Stiftung gemeinsam mit dem Verein Berlin Süd- west in diesem Jahr feiert. Während der Arbeit in Glienicke entstand auch die Freundschaft zum Architekten Karl Friedrich Schinkel, der Gutshäuser zu Schlössern umbaute. Später arbeiteten sie bei der Gestaltung von Schloss und Park Charlottenhof zusammen.
Erster deutscher Gartenverein
Lenné wurde 1818 Mitglied der Gartendirektion, 1828 Gartendirektor und 1854 General-Gartendirektor aller königlich-preußischen Gärten. Bis dahin hatte er sich bereits in vielen Bereichen für seine Zunft eingesetzt: den ersten deutschen Garten- verein mitgegründet, die „Königliche Gärtnerlehranstalt“als erste Fachhochschule noch vor den Engländern begründet sowie eine Landesbaumschule in Potsdam etabliert. Also doch ein Karrieremacher?
„Da muss ich doch vehement widersprechen“, sagt Kulturjournalistin und Gartenbuchautorin Christa Hasselhorst, die auch ein Buch über Lenné verfasst hat: „Lenné war ein Genie in Beamtenuniform, der private Paradiese für Fürsten und Volksparke für schlichte Bürger entwarf.“
Schon früh hatte er einen Verschönerungsplan für Potsdam und Berlin im Kopf, den König Friedrich Wilhelm IV. förderte. „Nach dem Vorbild von Wörlitz bei Dessau“, präzisiert Rohde. Das Ensemble von Landschaftsparks und Schlössern in Sachsen-Anhalt war im Geist der Aufklärung entstanden.
Weltkulturerbe der Unesco
Im Jahr 1990 wurden die „Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin“, zu denen auch Lennés Werke zählen, in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen.
Auf seine alten Tage griff Lenné in die Berliner Stadtplanung ein, indem er etwa den schon geplanten Landwehrkanal bauen ließ, Plätze und Grünflächen entwarf. Der „Buddelpeter“, wie ihn die Berliner liebevoll nannten, starb an einem Gehirnschlag und wurde auf dem Bornstedter Familienfriedhof in Potsdam begraben. Der Lorbeerkranz für das erreichte 50. Dienstjubiläum wurde dem Sarg vorangetragen.
- Clemens Alexander
Eine Karriere am preußischen Hof. Lambert Schneider, Darmstadt, Dezember 2015. 24,95 Euro - Christa Hasselhorst,
Edition Braus, Berlin 2014. 39,95 Euro
Lenné Jahr 2016: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin- Brandenburg: