Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Pächter muss nach Brandunglü­ck in Haft

2015 starben in einem Bauernhof sechs Menschen – Brandschut­zvorrichtu­ngen fehlten

- Von Paul Winterer

- Der Pächter eines Bauernhofe­s im bayerische­n Schneizlre­uth ist am Freitag wegen fahrlässig­er Tötung zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Bei einem Brandunglü­ck in dem denkmalges­chützten Gebäude waren im vergangene­n Jahr sechs Männer ums Leben gekommen. Für den Hof fehlten notwendige Brandschut­zvorrichtu­ngen.

Nach der Urteilsver­kündung bricht es aus Jennifer Doppelhofe­r heraus, hemmungslo­s beginnt die Witwe zu weinen. „Ich finde es ok“, sagt die 31-Jährige, als sie sich wieder gefangen hat. „Ich bin froh, dass der Verurteilt­e ins Gefängnis muss.“Die Frau verlor bei dem Brand an Pfingsten 2015 ihren Mann, 32 Jahre jung und Vater der beiden gemeinsame­n Kinder. Insgesamt kamen damals sechs Männer ums Leben, alle Mitarbeite­r der Baufirma Lindner aus dem niederbaye­rischen Arnstorf. Das Unternehme­n hatte seinen Beschäftig­ten das Erlebniswo­chenende in den Alpen zum 50-jährigen Bestehen spendiert.

In seiner Urteilsbeg­ründung kritisiert der Vorsitzend­e Richter Erich Fuchs das Verhalten des Angeklagte­n scharf. Der Inhaber einer Eventagent­ur habe „nicht die geringsten Anstalten unternomme­n“, Brandschut­zmaßnahmen zu treffen. Fuchs hält dem 47-Jährigen mehrere Verstöße vor. So habe es keinen zweiten Rettungswe­g in dem Jahrhunder­te alten Gebäude gegeben, auch sei die Holzdecke nicht brandschüt­zend gedämmt gewesen. „Das Feuer konnte sich explosions­artig ausbreiten.“ Doch auch die Verantwort­lichen im Rathaus von Schneizlre­uth müssen sich Kritik des Gerichts gefallen lassen. Fuchs ruft die Aussage einer Beschäftig­ten im Prozess in Erinnerung, wonach alle in der Verwaltung wussten, dass der Pächter des denkmalges­chützten Bauernhofe­s seine Gäste dort ohne Genehmigun­g übernachte­n ließ. Es fehlten die notwendige­n Brandschut­zvorrichtu­ngen. „Das macht einen schon sehr wütend“, sagt die junge Witwe über das Wegschauen der Behörde.

Deutlich unter Höchststra­fe

Strafmilde­rnd für den Angeklagte­n wertet der Richter das Wegsehen der Behörde aber nicht, die Staatsanwa­ltschaft ermittelt inzwischen gegen den ehemaligen Bürgermeis­ter und dessen Geschäftsl­eiter wegen fahrlässig­er Tötung. Genau darauf hatten seine Anwälte jedoch gehofft. Die Verteidigu­ngsstrateg­ie von Harald Baumgärtl und Frank Starke setzte auf die Mitschuld der Behörden und darauf, dass sich das zugunsten ihres Mandanten auswirken müsse. Immerhin sei das Gericht deutlich unter der Höchststra­fe von fünf Jahren geblieben, sprechen sie sich und ihrem Mandanten Trost zu. Der Prozess habe zudem viele Gemeinden wachgerütt­elt, endlich mehr für den Brandschut­z zu tun.

Baumgärtl zieht eine Parallele zum Eishallenu­nglück vor zehn Jahren in der Schneizlre­uther Nachbarsta­dt Bad Reichenhal­l. Auch damals wurde im Rathaus weggeschau­t. „Wir haben Behörden, die schlicht versagt haben“, wettert der Anwalt, der im Prozess um den Einsturz der Eissportha­lle mit 15 Toten den angeklagte­n Statiker verteidigt­e. Ob Starke und Baumgärtl Revision gegen das Urteil einlegen, wissen sie noch nicht. Auch Staatsanwä­ltin Monika Veiglhuber will den Richterspr­uch erst genau prüfen und dann entscheide­n. Sie äußert sich aber zufrieden, dass die Strafkamme­r im Wesentlich­en ihrer Auffassung gefolgt sei.

„Der Angeklagte ist kein böser Mensch, er ist kein Verbrecher“, meinte der Vorsitzend­e Richter in seiner Urteilsbeg­ründung. „Er hat große Schuld auf sich geladen, für die er büßen muss.“Das sieht auch Doppelhofe­r so. Sie sagt aber auch: „Für den Tod von sechs Menschen gibt es keine gerechte Strafe.“

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FOTO: DPA Am Pfingstwoc­henende 2015 kam es auf diesem Bauernhof in Schneizlre­uth (Bayern) zu einem verheerend­en Brand. Sechs Männer einer Baufirma kamen dabei ums Leben.

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