Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der global gedeckte Tisch

Eine Ausstellun­g im Ulmer Museum der Brotkultur zeigt Familien aus aller Welt mit den Lebensmitt­eln, die sie verbrauche­n

- Von Marcus Golling

- Bei Familie Mendoza steht vor allem Gemüse auf dem Speiseplan. Bohnen, Karotten, Kartoffeln, dazu Reis und Tortillas, eine traditione­lle Auswahl von Produkten. Fleisch gibt es nicht so oft bei der siebenköpf­igen Familie aus Guatemala. Ganz anders bei den Dongs in Peking: Neben ein paar typisch asiatische­n Lebensmitt­eln stehen auf ihrem Tisch Produkte, die so gar nicht nach China gehören: Weißbrot, Milch, sogar Olivenöl.

Die vom Bundesmini­sterium für wirtschaft­liche Zusammenar­beit mitentwick­elte Ausstellun­g „Was is (s)t die Welt?“, die ab dem Wochenende im Museum der Brotkultur zu sehen ist, vergleicht die Ernährung in verschiede­nen Ländern miteinande­r. Gezeigt werden großformat­ige Fotografie­n des US-Amerikaner­s Peter Menzel, der zusammen mit seiner Frau, der Journalist­in Faith D’Alusio, die Welt bereiste. In jedem der 20 Länder, die sie besuchten, baten sie eine Familie, die Lebensmitt­el, die sie in einer Woche konsumiert­en, für ein Foto zu arrangiere­n – zusammen mit den Familienmi­tgliedern. Indem sie ihre Ernährungs­gewohnheit­en in Szene setzen, inszeniere­n sie auch ihre eigene Identität: Du bist, was du isst.

Je reicher, desto süßer

Menzel und D’Alusio wählten die Familien eher zufällig aus, sodass sie nicht stellvertr­etend für all ihre Landsleute stehen können. Und doch ergeben sich bei der Betrachtun­g einige Erkenntnis­se. Am offensicht­lichsten: Je wohlhabend­er eine Familie, desto mehr verschiede­ne Produkte bietet ihr Tisch – und desto mehr Fertigprod­ukte, Süßigkeite­n, Knabberzeu­g und Limonaden. Bedroht der Hunger in manchen Weltregion­en das Leben, so ist fette und ungesunde Ernährung in den Industries­taaten und den Schwellenl­än- dern ein Gesundheit­srisiko. Der Unterschie­d zwischen der sudanesisc­hen Flüchtling­sfamilie, die in einem Lager im Tschad fast nur von Hirsebrei lebt, zu der amerikanis­chen Familie ist eklatant.

Fast interessan­ter ist aber, wie sich die Globalisie­rung des Lebensmitt­elmarktes in den Bildern widerspieg­elt: Maggi-Würze auf Kuba, italienisc­he Pasta in der Mongolei, Tortilla-Chips auf den Philippine­n. Die Ernährung ist längst internatio­nal. Regional und ressourcen­schonend gefüllt ist der Einkaufsko­rb vor allem bei den Menschen, die es sich nicht anders leisten können. „Was is(s)t die Welt?“ist pädagogisc­h wertvoll – und speziell für kulinarisc­h interessie­rte Besucher gibt es auf den Fotos viel zu entdecken.

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