Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Mit neuer Deutlichkeit
Coach Armin Veh, der heute mit Frankfurt auf seinen Ex-Klub VfB trifft, hat sich gewandelt
rmin Veh, das wissen alle VfBAnhänger, ist keiner, der Dinge länger durchzieht, als es sein muss. Vergangene Saison etwa verließ der Trainer die Stuttgarter, mit denen er einst 2007 die Meisterschaft gefeiert hatte, nur vier Monate nach seiner Rückkehr. Heute (15.30 Uhr/Sky) trifft er mit seinem aktuellen Arbeitgeber, der SG Eintracht Frankfurt, in der Bundesliga auf den VfB. Und tatsächlich gab es im Vorfeld des ohnehin schon brisanten Spiels wieder einen – wenn auch kleineren – Unlust-Anfall des erfahrenen Fußballlehrers.
Am vergangenen Dienstag beendete Veh die Pressekonferenz anlässlich der Vorstellung der zwei Neuverpflichtungen Änis Ben-Hatira (27) und Yanni Regäsel (20). Beide waren am Vortag spontan von Hertha BSC verpflichtet worden. Doch nach 21 Minuten schickte Veh die Profis, die übrigens gute Freunde sind, weg. „Es langt jetzt dann auch“, sagte Veh, „ich möchte das abbrechen.“Ihm war die hartnäckige Fragerei in der Causa Ben-Hatira lästig.
Dabei war es unausweichlich, dass nachgehakt werden würde. Herthas Fanliebling war schließlich von den Berlinern überraschend aussortiert worden – nach einem handfesten Eklat. Laut „Bild“und „BZ“hatte Ben-Hatira am Wochenende nach dem 3:3 des Hauptstadtklubs in Bremen seinen Mitspieler Mitchell Weiser bei der Rückfahrt im Mannschaftsbus tätlich angegriffen. Die Folgen: Ein Veilchen bei Weiser und ein blauer Brief für Ben-Hatira.
Herthas sonst so jovialer Trainer Pal Dardai ließ ein paar Tage nach dem Transfer kein gutes Haar am Verhalten des talentierten Kickers. „Da war keine andere Möglichkeit zu handeln. Ich kenne keine Firma oder Gesellschaft, wo so etwas einfach unter den Teppich gekehrt wird“, erklärte der Ungar am Donnerstag. Voller Ironie fügte er noch hinzu: „Der böse Trainer hat diese böse Entscheidung getroffen gegen dieses arme kleine Kind. Aber ich habe kein schlechtes Gewissen, ich habe fair gehandelt.“Zuvor hatte Offensivspieler Ben-Hatira auf seiner Facebook-Fanseite zum verbalen Seitenhieb auf seinen Ex-Klub ausgeholt. „Schade ist nur, dass dieser Vorfall nun einigen Leuten aus dem Fußball- bereich in die Karten gespielt hat, die mich seit längerer Zeit schon nicht mehr als Person in Berlin sehen wollten und mich nun als Bad Boy dastehen lassen wollen“, hieß es da.
Was vielleicht den einen in die Karten gespielt hat, bescherte den anderen – Veh und der Eintracht – einen unverhofften Joker. Manager Bruno Hübner hatte am Montag, passenderweise Vehs 55. Geburtstag, nach dem Blitz-Transfer frohlockt: „Als der Anruf kam, war das ein schönes Geburtstagsgeschenk für unseren Trainer.“Wohl wahr. Die Abhängigkeit der Eintracht-Offensive von den Torjäger-Qualitäten des unverwüstlichen Alexander Meier ist eklatant. Außerdem plagte sich die SGE nach den Ausfällen der Stammkräfte Makoto Hasebe und David Abraham mit erheblichen Personalsorgen herum. Und zu allem Überfluss hatte Veh vor 14 Tagen Hasan Seferovic, der ähnlich wie BenHatira fast alle offensiven Positionen besetzen kann, gerügt. „Wenn hier einer meint, seinen Egotrip ausleben zu müssen und sich über die Mannschaft zu stellen, dann soll er es machen, aber nicht bei mir“, hatte der Trainer den Schweizer nach dem 3:2 in Wolfsburg abgekanzelt. Neuling Ben-Hatira weiß somit auch, worauf er sich eingelassen hat. Der DeutschTunesier teilte auch umgehend brav mit: „Ich habe etwas getan, was nicht in Ordnung war, dafür habe ich mich entschuldigt. Es wird ganz sicher nicht mehr vorkommen.“
Ansonsten droht auch ihm die neue Deutlichkeit Vehs. Dessen Ansagen an das Team, auch an einzelne Spieler sind direkter als früher. In Frankfurt wird von einem Coach berichtet, der zwar häufiger das Gespräch mit seinen Akteuren sucht, aber eben auch klarere Worte findet. Trainingsspiele unterbricht er neuerdings umgehend, beim geringsten Fehler. Direkt auf dem Feld werden mit der Taktiktafel Korrekturen vermittelt. Der einstige Techniker gibt sich kämpferischer als je zuvor. In der „Frankfurter Neuen Presse“begründete er seine Wandlung mit einer ebenso knappen wie einleuchtenden Erklärung: „Ich habe das Gefühl, die Mannschaft braucht das.“Eine Mannschaft, die genau wie der punktgleiche Gegner Stuttgart mitten im Abstiegskampf steckt.
Eintrachts Trainer lobt Kramny
Am Tag vor dem Spiel gegen den VfB präsentierte sich Veh übrigens wieder besser gelaunt, es wurde ja auch nicht allzu viel über die Ex-Herthaner gesprochen. Talent Regäsel könne als Rechtsverteidiger unter Umständen sogar in der Anfangsformation stehen, Ben-Hatira sei sicher im Kader. Auf die Stuttgarter mit ihrem Trainer Jürgen Kramny freue er sich. In der Vorrunde habe dem VfB teilweise das Glück gefehlt, der Klub sei für seine Spielweise nicht belohnt worden. „Jetzt ist es geordneter und ausgewogener“, lobte Veh die Arbeit Kramnys. „Jetzt sind sie schwerer ausrechenbar.“Außerdem seien die Stuttgarter „ohnehin viel besser, als sie stehen. Wir müssen schauen, dass sie das nicht abrufen.“Schließlich träfe seine Eintracht „auf einen Gegner, der richtig gut drauf ist.“Und gegangen sei er damals beim VfB auch nicht, weil ihm alles egal gewesen sei. Sondern? „Weil mir der Klub am Herzen lag.“Er habe das Gefühl gehabt, er könne nicht mehr helfen. Auch dies war ungewohnt deutlich.