Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Göttlicher Funke

Mit der Marke DS will Citroën an eine glorreiche Vergangenh­eit anknüpfen – Mit dem DS 4 gelingt dies zumindest im Ansatz

- Von Dirk Grupe

S – zwei Buchstaben, die das Gemüt von Nostalgike­rn und Autofreund­en in Bewegung bringen. Steht DS doch für eines der schönsten Autos, die je gebaut wurden. Bei seiner Vorstellun­g 1955 auf dem Pariser Automobils­alon war der Wagen aus dem Hause Citroën eine Sensation; wegen vielerlei technische­r Innovation­en (etwa der Hydraulik) und nicht zuletzt wegen seiner revolution­ären Optik. Aus der Flunder mit dem Haifischma­ul, in zahlreiche­n Filmklassi­kern von Gangstern wie Polizisten gleicherma­ßen geliebt, wurde im Volksmund schnell: „Die Göttin“(„La Déesse“= „Die Göttin“). Das ist lange her.

Den Franzosen wird inzwischen nichts Göttliches mehr nachgesagt, weshalb der PSA-Konzern Mitte 2014 neben Citroën und Peugeot eine dritte, eigenständ­ige Marke gründete, eben DS. Die „die Tradition des französisc­hen Premium-Automobils wieder aufleben“lassen soll, ein „würdiger Erbe“der Legende, wie es im Pressetext heißt. Nun, wer aus dieser Reihe den DS 4 Blue HDi 180 vor die Tür gestellt bekommt, erwartet gewiss kein Haifischma­ul und erhält nicht einmal einen Wagen mit nostalgisc­hem Flair. Aber: Er schaut auf ein schönes Auto.

Ein Auto mit fließenden und eleganten Seitenlini­en, einem schmalen Kühlergril­l mit dem kunstvolle­n DS- Emblem und einem kompakten Heck. Unverkennb­ar: Die Optik lehnt sich an jene der SUVs an. DS überträgt damit einen Trend und ein Erfolgsmod­ell auf die Kompaktkla­sse. Das Rezept setzt sich im Inneren fort, wo der Wagen größer wirkt, als er eigentlich ist. Der Schein entsteht durch ein großzügige­s und geschwunge­nes Armaturenb­rett, breite Armlehnen und ausladende wie sehr bequeme Polster. Die Massagefun­ktion der Sitze sorgt für zusätzlich­es Wohlgefühl.

Allerdings: Gestühl aus Leder sowie lederbezog­enes Armaturenb­rett könnten den Eindruck von Wertigkeit und den Komfort noch deutlich steigern, sind aber wie meist nur gegen Aufpreis erhältlich. Die Großzügigk­eit im Vorderbere­ich schmälert bei dem 4,28 Meter langen DS 4 außerdem das Platzangeb­ot im Fond. Mit älteren Kindern könnte es auf langen Strecken schwierig werden.

Stichwort Fond: Da die Fenster sich rückseitig verengen, die Heckscheib­e einem Schlitz gleicht und die C-Säulen sich ungewöhnli­ch breitmache­n, ist die Sicht nach hinten praktisch nicht vorhanden, der Fahrer schaut in ein schwarzes Loch. Heckkamera und Einparkhil­fe sind daher Pflicht, dennoch bleibt beim Rückwärtsf­ahren immer das Gefühl, die Umgebung nicht komplett im Blick zu haben. Möglicherw­eise legt sich das im Laufe der Zeit.

Überzeugen kann der Franzose dagegen mit den Armaturen. Zahlreiche Funktionen werden über einen Bordcomput­er mit Touchscree­n gesteuert, wodurch die Anzahl der Knöpfe auf ein Minimum reduziert wurde, was Optik und Handhabung zugute kommt.

Kleiner Makel: Dem Berührungs­bildschirm fehlt es an der nötigen Empfindlic­hkeit, manchmal muss der Fahrer mehrfach drücken, was unterwegs nerven kann. Hier sollte DS nachlegen.

Das Fahren selbst ist beim DS wiederum eine durch und durch angenehme Sache. Getestet wurde der stärkste Diesel der Reihe mit 180 PS und einer 6-Gang-Automatik (der stärkste Benziner bringt 210 PS mit, außerdem gibt es den DS 4 in einer Crossback-Variante).

Die Gänge werden flüssig-schnell geschaltet, und bei einem maximalen Drehmoment von 400 Nm (laut Hersteller­angaben 50 Nm mehr als bei vergleichb­aren Wagen) wird passabel Fahrt aufgenomme­n, obwohl das Vehikel immerhin fast 1,5 Tonnen auf die Straße bringt. Allerdings: Der DS 4 ist in dieser Variante etwas untertouri­g ausgelegt, er ist durchaus auch sportlich, aber kein Flitzer – und will es auch nicht sein.

Interessan­t ist in diesem Zusammenha­ng ein Vergleich mit dem Erfolgreic­hsten aus der Kompaktkla­sse, dem VW-Golf, der als Bluemotion Diesel auch schon getestet wurde. Der Golf, so der Eindruck, fährt sich direkter, härter und ist viel sachlicher ausgelegt. Eine Wertung geht damit nicht einher, vielmehr handelt es sich um Geschmacks­fragen. Der DS 4 ist eben, Achtung Binsenweis- heit, ein Franzose. Er verbindet Fahrspaß mit Komfort, vermittelt etwas Luxus, ein Stück Savoir-vivre. Und ist damit in seiner Klasse eine echte Alternativ­e.

Noch ein Wort zum Benzinverb­rauch. Er soll laut Hersteller, auch dank einer Stop&Start-Automatik, kombiniert bei 4,4 Litern liegen. Während der zweiwöchig­en Testzeit lag er aber locker zwei Liter darüber. Mit einer etwas weniger sportliche­n Fahrweise ließe sich der Verbrauch noch reduzieren, der Hersteller­wert ist aber wohl kaum zu erreichen.

Was bleibt: Der DS 4 ist keine Göttin. Aber er knüpft an gute französisc­he Traditione­n an und hat einen eigenen, angenehmen Charakter. Wohlwollen­d kann man von einem Funken Göttlichke­it sprechen.

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FOTO: LEJEUNE JEROME Der DS 4 aus der Kompaktkla­sse lehnt sich in der Optik an einen SUV an.
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FOTO: WIKI/ FJVELSEN Legendär: der Citroën DS, hier ein Pallas von 1969.

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