Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Im Zweifel eine Zweitmeinung einholen“
Vier Zahnärzte aus der Region beantworten Leserfragen zum Thema Mundgesundheit
(bima) - Das Thema Zahngesundheit ist sehr umfassend. Das zeigte sich auch bei der Telefonaktion der „Schwäbischen Zeitung“. Zahnärztin Dagmar Kügele aus Tettnang und ihre drei Kollegen, Jochen Eble und Klaus Ulrich aus Biberach sowie Hubert Heinz aus Leutkirch, hatten viele Fragen von der professionellen Zahnreinigung bis zur implantatgestützten Prothese zu beantworten. Mein Zahn ist wurzelbehandelt. Jetzt habe ich genau an dieser Stelle Schmerzen. Sollte ich ihn lieber ziehen lassen? Früher hat man diese problematischen Zähne oft schnell gezogen. Heutzutage sieht man die eigenen Zähne als hohes Gut und versucht, sie so lange wie möglich zu erhalten. Auf jeden Fall kann die Situation nicht bleiben wie sie ist, da sich höchstwahrscheinlich die Wurzel wieder entzündet hat. Ein Entzündungsherd im Körper ist immer gefährlich. Eventuell kann man mit einer Wurzelspitzenresektion – also dem Kappen der Wurzelenden – die Entzündung beseitigen und so den Zahn erhalten. Mittels Röntgenbild kann Ihr Zahnarzt sehen, ob das möglich ist. Bei mir muss ein Schneidezahn gezogen und dann für ein Implantat Knochenmasse angetragen werden. Muss ich die ganze Zeit mit der Lücke herumlaufen? Nein, keine Sorge! Sie erhalten gleich nach der Extraktion eine Interimsprothese. Die wird schon angefertigt, bevor der Zahn gezogen wird. Diese Prothese sitzt gut, ist allerdings zuerst etwas unbequem. Aber nach zwei, drei Tagen hat man sich daran gewöhnt. Man trägt sie so lange, bis der Knochenaufbau und das Implantat eingeheilt sind. Mein Mann hat Parkinson. Nun soll ihm eine implantatgestützte Prothese im Unterkiefer gemacht werden. Ist das bei seiner Erkrankung überhaupt möglich? Ja, das ist möglich und bei Parkinson für den Patienten sogar besonders günstig, da mit einer festen Prothese im Unterkiefer zum Beispiel das Schlucken wieder leichter wird. Ich habe mir vier Implantate im Unterkiefer setzen lassen, damit die Prothese besser hält. Nun hat sich ein Implantat gelockert und musste nach anderthalb Jahren entfernt werden. Was wird jetzt aus der Prothese? Gibt es eine zweijährige Garantie auch auf Implantate? Die Prothese lässt sich umarbeiten und kann auch mit drei Implantaten noch fest sitzen – wenn Sie kein neues Implantat mehr wollen. Was die Garantie betrifft: Implantate sind Privatleistungen. Hier gilt die zweijährige Garantie, die es auf Kassenleistungen gibt, nicht. Trotzdem sollten Sie mit Ihrem Zahnarzt sprechen. Vielleicht gewährt er eine gewisse Kulanz. Mein Zahnarzt will vor dem Implantieren eine 3-D-Aufnahme machen. Ich frage mich, ob eine solche Aufnahme sein muss. Mit der 3-D-Aufnahme sieht man sehr genau, ob der Kieferknochen für das Implantat reicht. Insbesondere, wenn das Implantat in der Nähe der Kieferhöhle oder in der Nähe von Nerven gesetzt wird oder wenn der Kieferknochen sehr schmal ist, ist eine 3-D-Aufnahme sehr sinnvoll. Ich beiße mit den Seitenzähnen immer auf eine Schleimhautfalte im Mund. Kann man dagegen etwas machen? Ja, man sollte es sogar – denn wenn man ständig darauf beißt, kann die Schleimhaut sich entzünden und in seltenen Fällen entarten. Der Schleimhautlappen lässt sich mit einem kleinen Eingriff problemlos entfernen. Vor einer Parodontitis-Behandlung ließ ich auf Empfehlung meines Zahnarztes eine professionelle Zahnreinigung (PZR) vornehmen. Nun sagte er, dass ich nach der Behandlung jedes Vierteljahr zur PZR muss. Ist das nicht zu viel? Nein, gerade mit einer Parodontitis ist eine regelmäßige PZR wichtig. Dabei werden Beläge an Ihren Zähnen beseitigt, an die Sie mit der Zahnbürste nicht herankommen. Zahnfleischtaschen und Zwischenräume sind der Ort, an dem sich schlechte Bakterien am wohlsten fühlen. Das Milieu im Mund verändert sich durch die PZR zum Vorteil der guten Bakterien. Man hat herausgefunden, dass etwa nach einem Vierteljahr dieser Effekt wieder verschwindet. Daher ist die vierteljährliche PZR im ersten Jahr nach einer Parodontitis-Behandlung durchaus sinnvoll. Ich bin 76 Jahre alt. Damit meine Prothese im Unterkiefer besser hält, empfahl mir mein Zahnarzt Implantate. Bis zu welchem Alter können denn Implantate gesetzt werden? Es gibt keine Altersgrenze. Entscheidend ist, ob der Kieferknochen noch breit und hoch genug ist, um das Implantat aufzunehmen. Außerdem sollte man die Implantate noch gut pflegen können. Ich bin unsicher, wie ich mich entscheiden soll. Im Oberkiefer links habe ich keine Zähne mehr. Entweder sollen rechts Zähne für eine Prothese im Oberkiefer beschliffen werden oder links sollen drei Implantate eine Brücke halten. Wie soll ich mich entscheiden? Bei der Entscheidung kann man Ihnen nur helfen, wenn man die Situation in Ihrem Mund gut kennt. Genau zu diesem Zweck hat die Zahnärzteschaft von Baden-Württemberg das Zweitmeinungsmodell eingeführt. Im Zweilfelsfall kann man also eine Zweitmeinung einholen. Ein unabhängiger und speziell geschulter Zahnarzt prüft Ihre Zähne, den Kiefer und den Zahnersatz, sieht sich den Heil- und Kostenplan an und berät Sie neutral. Das kostet Sie nichts. Dieser Zahnarzt darf Sie in den nächsten zwei Jahren nicht behandeln, damit es nicht zu Interessenskonflikten kommt. Unter der Nummer 0800/1424340 können Sie sich einen Termin geben lassen. Bringen Sie dafür dann alle Unterlagen, auch die Röntgenaufnahmen mit. Ich würde gern die Zweitmeinung in Anspruch nehmen. Aber wie komme ich an die Röntgenaufnahmen? Die sind bei meinem Zahnarzt. Jeder Zahnarzt ist verpflichtet, die Röntgenaufnahmen einem anderen Zahnarzt zur Verfügung zu stellen. Bitten Sie einfach Ihren Zahnarzt, diese Ihnen auszuhändigen, beziehungsweise an den anderen Zahnarzt zu senden. Sie können auch sagen, dass Sie eine Zweitmeinung einholen möchten. Das ist durchaus üblich. Mein Zahnarzt stellte bei mir eine aggressive Parodontitis fest und meint, dass ich zusätzlich zur Behandlung noch Antibiotika nehmen müsse. Wie wird die Behandlung ablaufen? Ist das schmerzhaft? Müssen Antibiotika wirklich sein? Die Behandlung kann in einer oder zwei Sitzungen durchgeführt werden. Neben der konventionellen mechanischen Säuberung der Zahntaschen gibt es alternative Methoden, wie zum Beispiel Ultraschall oder Laser. Um Schmerzen auszuschließen, werden die betroffenen Areale betäubt. Im Anschluss wird auch die Zunge gereinigt, und zu Hause muss eine neue Zahnbürste benutzt werden. Damit sind die Bakterien erst einmal stark reduziert. Bei den aggressiven Formen einer Parodontitis sind Antibiotika meist für eine erfolgreiche Behandlung unumgänglich. Seit Monaten leide ich unter Mundgeruch, habe alle Untersuchungen machen lassen, Magen, Zähne, alles in Ordnung. Was kann ich noch tun? Lassen Sie von Ihrem Zahnarzt prüfen, ob sich eventuell Zahnfleischtaschen oder kleine Entzündungen des Zahnfleisches gebildet haben. In vielen Fällen hat Mundgeruch seine Ursache in Zahnfleischproblemen. Auf jeden Fall kann eine professionelle Zahnreinigung inklusive Zungenreinigung empfohlen werden.