Schwäbische Zeitung (Laupheim)
In der Rocker-Szene droht neue Gewalt
Mit einem Großaufgebot hat die Polizei ein Treffen verfeindeter Gruppen verhindert
- Der Aufmarsch einer rund 50köpfigen Rockergruppe im Fischerviertel hätte nach Ansicht der Polizei zu gewalttätigen Zusammenstößen führen können. „Was sie konkret vorhatten, wissen wir nicht. Aber es war zu vermuten, dass sie den Konflikt suchten“, sagte Wolfgang Jürgens, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ulm. „Es hätte gefährlich werden können.“
Wie berichtet, ist die Polizei am Sonntag mit einem Großaufgebot an Kräften eingeschritten. Einsatzfahrzeuge waren fast in der ganzen Stadt unterwegs. In der Schwilmengasse kontrollierten die Beamten etwa 50 junge Männer aus Stuttgart, Göppingen und Günzburg, die offenbar nach Ulm gekommen war, um Streit mit einer verfeindeten Gang zu suchen. Die Polizei stellte fünf verbotene Messer, mehrere Paar Quarzhandschuhe, Pfeffersprays, zwei Hiebwaffen, darunter einen Teleskopschlagstock, einen Elektroschocker, aber auch Taschenmesser sicher. Gegen acht Personen wird jetzt wegen verschiedener Verstöße ermittelt. Die Männer gehören einer rockerähnlichen Gruppierung an.
Um welche es sich handelt, sagt die Polizei nicht. Offenbar steht der Auflauf in Ulm aber im Zusammenhang mit dem Überfall auf einen Imbissladen im Hafenbad an Schwörmontag vorigen Jahres. Damals warfen mindestens 15 zum Teil maskierte Männer Flaschen und Steine in das Schaufenster und die Eingangstüre des Geschäfts. Ein Mann wurde von einer Flasche am Kopf getroffen und trug eine Platzwunde davon. Eine Kundin, die in dem Lokal war, erlitt eine posttraumatische Belastungsstörung. Außerdem entstand ein Sachschaden von etwa 8000 Euro. Zahlreiche geschockte Gäste und Passanten bekamen den Vorfall mit.
Die Staatsanwaltschaft hat gegen acht Männer im Alter von 22 bis 31 Jahren Anklage wegen gemeinschaftlichen Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung erhoben. Hintergrund der Attacke: der Konflikt zwischen der kurdischen Gruppierung „Bahoz“(„Sturm“) und der türkischen Gruppe „Osmanen Germania Boxclub“.
Beide stuft die Polizei als rockerähnliche Gruppierungen ein. Einen politischen Hintergrund der Rivalität zwischen den Gangs schließt die Polizei aus. „Da geht’s um Macht, Waffen, Drogenhandel und Rotlicht“, so Wolfgang Jürgens. Seit dem Vorfall im Juli vorigen Jahres sei es weitgehend ruhig geblieben. Offenbar schwelt der Konflikt aber weiter. Mit ihrer starken Präsenz habe die Polizei am Sonntag ein Zeichen setzen wollen, sagte Jürgens. „Wir dulden diese Auseinandersetzungen nicht.“
Im Zuständigkeitsbereich der Ulmer Polizei gibt es etwa 30 verschiedene Chapter, also regionale Ableger von Rockergruppen oder rockerähnlichen Banden. Besonders im Blick hat die Polizei derzeit die verfeindeten Gruppen United Tribunes und Black Jackets. In Heidenheim war voriges Jahr ein 29-Jähriger erschossen worden. Der Täter wurde zu 13 Jahren Haft verurteilt. Nach Einschätzung der Polizei ist damit aber keineswegs Ruhe in der Szene eingekehrt