Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Dafür blechen die Fans gerne
Bob Ross bringt mit seinem Kult-Ensemble Blechschaden das CCU zum Brodeln
- Wer kombiniert respektlos Händel mit Earth, Wind and Fire, und wer bringt einen Tiroler Marsch im jazzigen Rhythmus und lässt „Caribbean Sunset“auf dem Alphorn blasen? Die große Fan-Gemeinde von Bob Ross und dem von ihm vor 32 Jahren gegründeten Kult-Ensemble „Blechschaden“, einem Teil der Münchner Philharmoniker, weiß gerade die amüsante Ader der elf Musiker um den Schotten Bob Ross zu schätzen, die bei allem Humor nie vergessen, Musik auf allerhöchstem Niveau zu spielen. Genau die beiden Aspekte musikalischen Genuss und Witz verband der „Blechschaden in Concert“-Abend im CCU, bei dem das Publikum nach zahlreichen Zugaben die Musiker mit Standing Ovations feierte.
Jeder von ihnen brilliert auch als Solist: Die „Blechschaden“-Bläser haben in der Musikwelt bekannte Namen – manch einer als Professor an einem Konservatorium oder wie der Schlagzeuger Arnold Riedhammer als Professor an der Musikhochschule München. Riedhammer bringt das Publikum mit seinem Schlagzeug-Solo, das Bob Ross´ Mikrofon und den hölzernen CCUBühnenrand als Klangkörper umfasst, zum Toben. Zudem empfiehlt sich Riedhammer als genialer ElvisInterpret. Dazwischen, weniger als 1,60 Meter groß und trotzdem anerkannter Mittelpunkt: Bob Ross, Entertainer und ein so ungewöhnliches Unikat wie es der Frack ist, den er trägt – schottisch kariert und mit Frackschößen bis unter die Kniekehlen.
Der Abend im CCU sprüht vor Energie und unberechenbaren musikalischen Einfällen. Alles ist ein bisschen „anders“, weil Ross die Grenzen zwischen E- und U-Musik aushebelt: Bachs legendäre Toccata ist das mit Abstand bekannteste Orgelwerk europäischer Kunstmusik. Bei „Blechschaden“gibt es die Toccata schlichtweg ohne Orgel. Salsa auf einem Karbon-Alphorn gespielt, ein Sirtaki im Wahnsinnstempo geblasen, Händels Concerto grosso für Streicher ohne Streicher, weil (laut Bob Ross) eben das Schönste an einem Brass-Ensemble ist, dass es ohne Streicher auskommt. Überraschung folgt auf Überraschung, sodass es dem Publikum keinen Moment langweilig wird. Maria Magdalenas Song „I Don´t Know How To Love Him“aus „Jesus Christ Superstar“wird bei Bob Ross zu Angela Merkels Song an Erdogan und Trump.
Nur das Angebot, eine Zuschauerin spontan als „Dirigentine“an seiner Stelle für einen Titel treten zu lassen, wird Bob Ross nicht mehr wagen, wie er lachend in der Pause verriet: Eine Ulmerin nutzte „One Moment In Time“nicht nur als große Show für sich, bei der sie Ross an den Bühnenrand scheuchte, sondern kam auch danach ungerufen wieder auf die Bühne. Das ist das Risiko von Entertainment.
Dazwischen erzählt Ross ironische Geschichten aus dem MusikerAlltag und manchen schottischen Witz, den er erst in Deutschland kennengelernt hat, und er spielt mit deutschen Worten. Was wohl die Lebensgefährtin mit der Lebensgefahr zu tun hat? Kult ist, wenn Bob Ross am Ende das „YMCA“-singende Publikum dirigiert – mit den Disco-Figuren der späten 70er-Jahre, die er einst selber tanzte.